29. Mai 2018In 2018/2

„Ich bin ein echtes Glückskind“

Interview mit der Schauspielerin Nina Vorbrodt


von Dr. Susan Tuchel

Ihre Mutter war Musiklehrerin für körperbehinderte Kinder, die mit ihnen viele Zirkus- und Theateraufführungen inszenierte. Ihr Vater war Ingenieur und baute Energieanlagen in Japan. Wie kamen Sie zur Schauspielerei?

Ich habe das Schiller-Gymnasium in Köln besucht und mein Musiklehrer Günter Hässy hat mit uns Märchen einstudiert, wie „Der Meisterdieb“ oder „Zwerg Nase“. Er hat die Märchen vertont und mit riesigem Chor und Schulorchester Operetten da-raus komponiert. Als ich 13 war, gab er mir die Hauptrolle im „Kleinen Muck“. Eigentlich wurden diese immer von Oberstufenschülern besetzt. Aber Herr Hässy meinte: „Du kannst das. Aus dir wird einmal was.“ Mein erster Berufswunsch in der Grundschule war Forscherin in alten Schlössern, aber da es das nicht gibt, stand für mich mit zehn Jahren fest, dass ich Schauspielerin werden wollte. 

War das Schiller-Gymnasium in Köln die Brücke zur Lindenstraße? 

Einige aus unserer Schule sind bei der Lindenstraße gelandet. Es war auch ganz praktisch. Ich wurde nach der Schule abgeholt und gedreht wurde nachmittags. Ich bin übrigens sehr gerne zur Schule gegangen und völlig glatt durchgelaufen. 

Und nach dem Abitur ging es dann wohin? 

Für ein halbes Jahr nach New York, dann war ich ein halbes Jahr in Los Angeles, aber auch Thailand und Bali habe ich besucht. Das war eine Zeit, die mich sehr geprägt hat. Eine solche Erfahrung macht einen selbstsicherer und verändert einen. Eigentlich sollte ein Auslandsjahr für jeden jungen Menschen Pflicht sein. 

Mit 19 Jahren gründeten Sie zusammen mit zwei Freunden das Kinder- und Jugendtheater „Kölner Künstler Theater“. Was war Ihre Mission? 

Wir wollten Kinder und Jugendliche für Kunst und Kultur begeistern. Wir haben damals „Unter Menschen“ geschrieben, ein Stück gegen Rechtsradikalismus, das übrigens immer noch aufgeführt wird. Ich bin 15 Jahre lang in aller Frühe in die Schulen gefahren, habe aufgebaut, gespielt, mit den Jugendlichen diskutiert und wieder abgebaut. In dieser Zeit bekam ich auch viele Anfragen für Filmrollen, obwohl ich in den Schauspielschulen in Essen und Bochum als „völlig unbegabt“ abgelehnt worden bin. Da freut es mich natürlich ganz besonders, dass ich jedes Jahr im Acting Studio  Cologne als Dozentin einen Workshop gebe. 

Und was raten Sie den angehenden Schauspielkollegen? 

Dass sie sich ihre Entscheidung wirklich gut überlegen sollten. Ich kann mich zwar nicht beklagen, ich bin ein echtes Glückskind. Ich bekomme immer neue Anfragen, aber ich kenne da durchaus andere Schicksale von sehr talentierten Kolleginnen und Kollegen. 

1994 spielten Sie die Janet in der Rocky Horror Show am Kaiserhof Theater in Köln und verliebten sich prompt in den Schlagzeuger. 

Stimmt, wir haben eine 17-jährige Tochter zusammen und waren 17 Jahre verheiratet. Das war aber auch das einzig Positive an diesem Theater-Engagement und ich hatte mir danach eigentlich geschworen, nicht mehr auf die Bühne zu gehen. 

Wer hat Sie umgestimmt? 

Das war Jürgen von der Lippe. Er hatte mich für „Die wollen nur spielen“ angefragt. Wir haben das Stück vor fünf Jahren in Köln gespielt. In der Zeit habe ich auch René Heinersdorff kennengelernt, der mich 2015 anrief und fragte, ob ich nicht die Angela Merkel in seiner Polit-Groteske „Mutti“ spielen wollte. Ich sagte spontan zu. Es war eine großartige Zeit und ein Publikumserfolg. 

Sie stehen auf der Bühne, vor der Kamera und vertonen Hörspiele. Ihr Credo ist: Was man ausstrahlt, kommt auch zurück. Was machen Sie denn am liebsten? 

Ich mache immer so viele verschiede- ne Dinge, die alle Spaß machen. Mir wird nie langweilig. Ich bin nicht der 9 to 5-Typ, genieße die Abwechslung und die besonderen Momente – wenn wir beispielsweise nach der Aufführung im Theater an der Kö mit Jürgen von der Lippe, dem Ensemble und seiner Gitarre einfach vierstimmig lossingen. Und es gibt auch Dinge, auf die ich besonders stolz bin. Dazu gehört, dass ich mit alten Größen wie Inge Meisel und Günter Strack drehen durfte. 

Wie halten Sie sich fit? 

Eine Sportskanone bin ich nicht, aber ich mache Stepptanz seit ich 13 bin und da ich viel Yoga gemacht habe, bin ich immer noch ziemlich gelenkig. Die Zeit für stundenlangen Sport ist mir aber einfach zu schade. Mir machen andere Sachen mehr Spaß. Ich höre lieber rund um die Uhr Hörbücher. 

Was macht Ihnen als Kölnerin denn an Düsseldorf Spaß? 

Im Mai habe ich bei der Jazz Rally traumhafte Abende erlebt, lustiger Weise sitzt mein Steuerberater dort im Vorstand. Und ich gestehe, dass die Rheinpromenade in Düsseldorf länger und schöner gestaltet ist als unsere in Köln. 

Engagieren Sie sich ehrenamtlich? 

Ich moderiere seit Jahren den Comedyabend für den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Köln. Das ist meine Art zu helfen, denn mich persönlich um die kranken Kinder zu kümmern, dafür bin ich zu nah am Wasser gebaut. 

Was folgt nach „Die wollen nur spielen“? 

Ich stehe im Anschluss bei der RTL- Serie „Sankt Maik“ vor der Kamera und einiges ist ebenfalls schon in der Pipeline, worüber ich aber offiziell noch nicht sprechen darf. Privat steht eine Reise nach Kanada im Sommer an, und ich werde auch nach Seattle fahren, um dort meine beste Freundin wiederzutreffen. 

Foto: Alexander Vejnovic, Businessfotos Düsseldorf

Kurzvita

49E0ECAC 26A5 491D AE08 8777B2B56863, , „Ich bin ein echtes Glückskind“Nina Vorbrodt ist Jahrgang 1972. Setzte sich mit 16 Jahren bei einem Casting gegen 800 Mitbewerberinnen durch und spielte ihre erste Fernsehrolle in der WDR-Serie „Lindenstraße“. Nach dem Abitur und einem Auslandsjahr bot man ihr Episodenrollen in Serien wie „Der König“, „Sterne des Südens“, „Die Wache“, „Einsatz für Lohbeck“ und „Hallo, Onkel Doc“ an. In der ARD-Fernsehserie „Auf Achse“ spielte sie Armin Rohdes Tochter Lotte. An der Seite von Kaya Yanar war sie bei „Was guckst du?!“ zu sehen. Von 2003 bis 2010 spielte sie in allen sieben Staffeln der SAT1-Comedy-Reihe „Sechserpack“ mit. In der RTL-Sitcom „Sekretärinnen – Überleben von 9 bis 5“ war sie die Melanie in der „Sonnenschein Toast AG“. Sie bekam Rollen in „Wilsberg“, bei „In aller Freundschaft“, im „Tatort“ und war 2017 im Kino in „Fack ju Göhte 3“ zu sehen. Im Mai und Juni stand sie mit Jürgen von der Lippe in „Die wollen nur spielen“ im Theater an der Kö auf der Bühne. Nina Vorbrodt lebt mit ihrer Tochter in Köln.


Ähnliche Beiträge