14. August 2017In 2017/3

„Wenn wir gute Voraussetzungen schaffen, wird es uns als Traditionsverein auch gelingen, mit den anderen Clubs zu konkurrieren. Das ist unser Weg“

Interview mit Robert Schäfer, Vorstandsvorsitzender von Fortuna Düsseldorf


von Christian Theisen

München, Dresden, jetzt Düsseldorf – es ist auffällig, dass Sie immer in sehr schönen Städten arbeiten. Zufall?

Diese Städte gehören wirklich zu den Schönsten in Deutschland! Ich bin sehr glücklich, dass es nach den ersten beiden Städten nun Düsseldorf geworden ist. Weil ich diese Stadt schon kannte und wusste, dass es sehr schön hier ist. Der Fußball ist natürlich nicht wirklich planbar, so dass es sich zufällig ergeben hat. Aber die Städte haben bei den Entscheidungen natürlich auch eine Rolle gespielt. Als es die Möglichkeit Düsseldorf gab, war die Stadt aber nicht nur einzige Grund, sondern auch der Verein Fortuna und die spannende Aufgabe uns zu entwickeln. Es hat einfach alles gepasst.

Was fasziniert Sie persönlich denn konkret an der Landeshauptstadt?

Düsseldorf ist unheimlich vielseitig. Es gibt hier Viertel, für die sich Berlin feiern würde. Dort würden lange Artikel darüber geschrieben und von progressiven und innovativen In-Viertel gesprochen. Beste Beispiele dafür sind hier Unterbilk oder Flingern. In Düsseldorf wird gar nicht groß darüber gesprochen. Hinzu kommt hier die Erlebnis-Bandbreite: Von Kirmes über Karneval, über Hochkultur – sämtliche Freizeitbeschäftigungen gibt es hier im Weltklasse-Format. Diese Vielseitigkeit ist es, aber auch die infrastrukturelle Anbindung mit einem zentralen Flughafen – da ist man schnell überall in Deutschland und in Europa. Letztes Jahr sind wir zum Beispiel einmal direkt in die USA nach Los Angeles geflogen. Außerdem kann man von hier aus hervorragend Ausflüge starten. Hinzu kommt der Rhein, der Düsseldorf ausmacht. In Köln kommt man jetzt erst richtig auf den Trichter, sich als Stadt zum Rhein hin zu öffnen. Kasematten, Altstadt, Rheinwiesen, das ist schon toll hier in Düsseldorf. Die knappe Freizeit, die man hat, kann man hier richtig genießen.

Haben Sie den Eindruck, dass es bei den Entscheidungen der Spieler, zur Fortuna zu wechseln auch ein Plus ist, dass die Lebensqualität hier so hoch ist?

Das ist durchaus ein Argument, das wir in jedes Gespräch mit den Spielern einbinden. Als Profi musst Du viel trainieren und bist oft unterwegs, aber die wenige Freizeit, die Du dann hast, kannst Du hier optimal nutzen. Da haben wir gegenüber unseren Mitbewerbern einen echten Vorteil. Den wollen wir natürlich auch weiter nutzen.

Was sind denn Ihre Lieblingsplätze in Düsseldorf?

Zum Beispiel die Lorettostraße. Die habe ich zufällig kennengelernt und entdeckt, als mein Sohn gerade geboren war und wir deshalb noch einmal ins EVK gefahren sind. Hier gibt es eine lebendige Szene, viele kleine, schöne Geschäfte, gute Restaurants, nette Cafés. Und der Medienhafen ist auch nicht weit. Sehr schön finde ich es auch, am Rheinufer zu sein. Für uns ist das sozusagen der schnellstmögliche Spaziergang, wir können uns da mit dem kleinen Jonathan, der jetzt ein Jahr alt ist, auch mal auf der Wiese sitzen und den Ausblick genießen. Dann hat man auf der anderen Seite dieses schöne Bild mit Schlossturm, der Altstadt, dem Fernsehturm und dem Landtag, das gefällt uns wirklich sehr gut.

Sie hatten erwähnt, dass es auf der Lorettostraße schöne Restaurants gibt. Haben Sie so etwas wie ein Lieblingsessen?

Ich grille zum Beispiel sehr gerne, lege mir gerne ein gutes Stück Fleisch auf den Rost. Ich mag auch italienisch. Und ich muss für mich in Anspruch nehmen: Meine Spaghetti Bolognese ist richtig gut! Das sagen tatsächlich alle, die sie bisher gegessen haben. Der Clou dabei sind Kapern und die Gewürze. Das ist ein bisschen sizilianisch, aber mehr wird nicht verraten.

Hemd und Anzug ist Ihre Dienstkleidung. Laufen Sie privat auch im Business-Look herum?

Nein! Da mag ich es gerne etwas legerer. Ich bin eher so ein Sneaker-, Jeans- und T-Shirt-Typ.

Kommen wir zur Fortuna: Welche Strukturen muss ein Verein haben, um erfolgreich zu sein? Und wie gehen Sie diese Aufgabe bei Fortuna an?

Man muss das tun, wovon man überzeugt ist. Man muss es konsequent umsetzen. Allerdings muss man dabei auch vorleben, was man von anderen verlangt. Wir als Fortuna müssen jetzt in allen Bereichen die Grundlagen legen. Wir haben einen neuen Arenavertrag ausgehandelt, der nicht nur erstmals finanziell lukrativer ist, sondern auch beinhaltet, dass die ESPRIT arena als unser Heimstadion erkennbar wird. Da haben wir nun mehr Spielraum, mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Wir haben den Bau des Nachwuchsleistungszentrums forciert. Wir wollen uns stark im Service für unsere Fans verbessern. Wir werden noch in diesem Jahr auf unserem neuen Webshop den Ticket- und Fanartikelverkauf vereint haben. Unsere Fans können dann eine Karte kaufen und einen Schal, beides in einen Warenkorb legen und dann bezahlen. Außerdem wird über dieses System auch die Mitgliederbetreuung verwaltet. Das sind nur einige Beispiele für unser Vorhaben, in der Zukunft auf höchstem Niveau konkurrenzfähig zu sein. Wir wollen jetzt die Grundlagen legen, um in der Zukunft auf eine positive sportliche Entwicklung vorbereitet zu sein. Dabei haben wir jetzt schon Dinge erreicht, die vor einem Jahr als nicht machbar beschrieben wurden.

Damit die Bundesliga im Falle eines möglichen Aufstiegs in den nächsten Jahren nicht wieder nur ein Abenteuer für eine Saison bleibt?

Alles was wir tun können, um uns darauf vorzubereiten, machen wir gerade. Das ist natürlich noch lange nicht abgeschlossen. Wir wollen – gesetzt den Fall – so stark und so leistungsfähig wie möglich sein, damit es uns gelingt, uns zu etablieren. Ein anderer Aspekt dabei ist natürlich das Nachwuchsleistungszentrum. Als Traditionsverein, der ein eingetragener Verein bleibt und keinen Investor bekommt, ist das Transfergeschäft mit eigenen Talenten für uns von wichtiger Bedeutung. Auch das müssen wir intensiver entwickeln. Bis jetzt haben wir jahrelang zugelassen, dass die Trainer der U17 und U19 nur halbe Stellen haben, das haben wir geändert. Erste Erfolge haben wir erzielt: In der letzten Saison haben wir die Einsatzzeiten der jungen Spieler gegenüber der Spielzeit 2015/16 verdoppelt. Die Durchlässigkeit vom Junioren- in den Profibereich wird derzeit schon höher, was wiederum auch für die Zertifizierung des NLZ und für neue junge Talente wichtige Argumente sind. Wenn wir gute Voraussetzungen schaffen, wird es uns auch als Traditionsverein gelingen, mit den anderen Clubs zu konkurrieren. Das ist unser Weg.

Welche Umstände müssen gegeben sein, als Traditionsverein zu bestehen?

Man muss solide Finanzen haben. Wichtig ist dabei auch, dass man keine Notverkäufe machen muss, um Löcher zu stopfen. Personell gut aufgestellt zu sein, ist ebenfalls eine Grundvoraussetzung. Ein schlagkräftiges Team in allen Bereichen zu bilden, insbesondere im Sport und in der Verwaltung. Obwohl die Anforderungen stetig steigen, ist in der Vergangenheit nicht investiert worden und das müssen wir jetzt schnell nachholen. Die Jugendarbeit muss stimmen. Und es muss eine große Klammer zwischen Verein, Fans und der Stadt geben. Die Menschen, für die wir Fußball spielen, sollen ein Gefühl dafür bekommen, was und warum wir etwas tun. Der Identifikationsgrad soll hoch sein und man soll sich in seinem Verein wiederfinden. Deswegen haben wir uns vor gut einem Jahr mit dem Sport begonnen und dort Veränderungen herbeigeführt. So haben wir eine Mannschaft mit Identität zusammengestellt und eine Verbindung zu den Fans hergestellt, die auch sportlich geholfen hat. Aber auch in anderen Bereichen haben wir Entscheidungen getroffen, um uns besser aufzustellen. Mit dem neuen Hauptsponsor, dem besten Ausrüstervertrag aller Zeiten, dem vierjährigen Ärmelsponsor und den gelungen Marketingaktionen zeigt sich, dass diese Maßnahmen richtig waren.

Wie wichtig sind gute Partner für diesen Weg?

Sehr wichtig. Wir sind sehr stolz darauf, dass alle engen Partnerschaften mit unseren premiumPARTNERn die Fortuna auch in dieser Saison unterstützen. So früh wie in diesem Jahr haben wir bisher noch nie die positiven Signale unserer strategisch wichtigen Partner erhalten. Somit können wir uns auch weiterhin auf starke Unternehmen an unserer Seite verlassen. Unser Dank gilt nicht nur unseren Partnern, sondern auch unserem Vermarktungspartner Infront Sports & Media.

Gibt es auch neue Partner, die man von diesem Weg überzeugen konnte?

Vom Hauptsponsor Orthomol bis zu kleineren Partner haben wir auf allen Ebenen auch neue Partner gefunden, die vom aktuellen Weg der Fortuna überzeugt sind und diesen mit uns gehen wollen. Zudem führen haben wir im Rahmen unserer Partnerstruktur die Ebene der handwerksPARTNER eingeführt. Die Qualität und Flexibilität der eigenen Arbeit ist im Handwerk mindestens genauso wichtig, wie das eigene Netzwerk. Wir möchten das angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Bei Fortunas Heimspielen mitfiebern und zeitgleich das eigene Netzwerk pflegen und erweitern. Wir freuen uns, dass die Partnerschaft schon jetzt so eine positive Resonanz erhält.

Was sind die Argumente der Partner für ein Engagement bei der Fortuna?

Wie der Begriff schon verrät, geht es um eine Partnerschaft und nicht um ein reines Sponsoring. Durch gemeinsame Stammtische, exklusive Veranstaltungen, Reisen zu Auswärtsspielen oder ins Trainingslager wollen wir unsere Partner mitnehmen und einen besonderen Einblick in unseren Verein geben. Es geht darum, dass unsere Partner sich mit der Fortuna identifizieren. Selbst die vielen japanischen Partner wie Toyo Tires sind mittlerweile richtige Fortunen geworden und haben ihr Engagement sogar ausgebaut.

Welche Strecke dieses langen Wegs haben Sie schon absolviert?

Wenn wir einmal überlegen, wo wir mit dem Nachwuchsleistungszentrum vor einem Jahr standen, dann haben wir dort schon viel erreicht. Das gilt auch für unsere Struktur: Wir haben wichtige Themen gelöst, die schon lange im Raum standen. Auch in die Mannschaft hat inzwischen eine eindeutige Struktur. Wir haben Spieler-Werte geschaffen. Nach der Saison 2015/16 mussten wir Spielern Geld mitgeben, weil es keinen Markt gab. Da habe ich nirgendwo gelesen „Mein Gott, unsere Stars verlassen uns!“ Doch in diesem Sommer war genau das der Fall. Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass wir Spieler entwickelt haben. Die Angst davor, dass sie gehen, bedeutet im Umkehrschluss ja, dass es gute Spieler sind. Und wenn noch einer gehen sollte, dann geht er so, dass es für Fortuna aus finanzieller Sicht ein Riesenschritt nach vorne ist – und wir dann auch in der Lage sind, diese verlorene Qualität wieder zu ersetzen und uns damit wahrscheinlich sogar noch besser aufstellen zu können. Auf der anderen Seite können wir sehr stolz darauf sein, einen wichtigen Spieler wie Marcel Sobottka, der nach wie vor ein großes Potenzial besitzt, so langfristig an uns gebunden zu haben.

Wenn die abgelaufene Saison eine Umbruch-Saison war, was gilt dann für die Spielzeit, die jetzt vor Tür steht?

Wir haben uns mit dem Vorhaben, unter die ersten Sechs zu wollen, ein ambitioniertes Ziel gesetzt. Das möchten wir erreichen! Letzte Saison hatten wir noch viele andere Baustellen, dieses Jahr gilt der Fokus dem Erreichen unserer sportlichen Ziele. Das weiß der Trainer, das weiß die sportliche Leitung, das wissen aber auch alle Mitarbeiter und die Gremien. Um das Ziel zu erreichen, muss jeder seinen Teil beitragen und noch ein bisschen mehr bringen. Ich bin davon überzeugt, dass wir alles haben, was wir dafür brauchen. Was uns fehlt, müssen wir uns durch Ideen und harte Arbeit holen. Die ersten Spiele sind ja bereits sehr positiv gelaufen. Jetzt ist es wichtig, die guten Leistungen auch konstant abzurufen.


Kurzvita

Robert SchäferRobert Schäfer, Jahrgang 1976, wurde in Darmstadt geboren. Der Volljurist war von 2005 bis 2010 als Projektleiter der International Management Group GmbH verantwortlich für die Vermarktung des TSV 1860 München, wechselte als Geschäftsführer zum Verein und verantwortete bis 2013 die Bereiche Sport, Finanzen, Lizenzierung, Marketing, Recht, Personal, Organisation und Fanbelange. Ab 2014 war Robert Schäfer als Kaufmännischer Geschäftsführer der SG Dynamo Dresden tätig, seit 22. März 2016 ist er Vorstandvorsitzender bei Fortuna Düsseldorf. 2016 wurde er zudem in den Aufsichtsrat der DFL (Deutsche Fußball Liga) gewählt. 


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