17. Juli 2017In 2017/3

„Talente sind das größte Geschenk für einen Künstler“

Interview mit dem Entertainer Jörg Knör


von Dr. Susan Tuchel

Schon beim Besuch Ihrer Website hatte ich das Gefühl, Sie zu kennen. Sie begrüßen einen in Ihrem „Web-Zuhause“ – ein schöner Neologismus – und schreiben, man müsse vorher auch nicht anrufen, sich irgendwie schick machen, auch kein Gebäck mitbringen oder Blumen. Eine pfiffige PR-Strategie?

Nein, die Texte stammen alle von mir. Ich bin von Berufs wegen des Wortes mächtig. Und meine Frau sagt, dass mir das Herz auf der Zunge liege, also schreibe ich, was ich fühle.

Was sind Sie eigentlich genau, Sänger, Musiker, Kabarettist oder Parodist?

Die Musik ist das, was mich am meisten interessiert. Ich stehe auf der Bühne, ich singe, ich parodiere, ich zeichne, ich mache Kabarett, habe also mehr als drei Farben auf meiner Palette. Ich bin mit Leib und Seele Entertainer.

Ihre aktuelle Show, mit der Sie unter anderem in Berlin, Leipzig, Hamburg und auf Sylt zu sehen sind, heißt „Filou! Mit Show durchs Leben“. Sind Sie auch im echten Leben ein Schlingel und Schlitzohr? Immerhin sind Sie zum dritten Mal verheiratet.

Udo Jürgens hat einmal gesagt, dass Künstler nicht traurig sein müssen, wenn sie es nicht schaffen, das bürgerliche Glück zu finden. Ich habe viele Höhen und Tiefen durchlebt. Meine erste Frau verließ mich während unseres gemeinsamen Urlaubs in St. Tropez. Ich saß alleine und völlig fertig da und hatte unglaubliches Glück, dass sich der Düsseldorfer Immobilienmakler Udo Hensgen meiner annahm und mich auf seinem Stahlboot wieder aufbaute. In meiner dritten Ehe habe ich zum ersten Mal das Gefühl, ein Privatleben zu haben. Wir leben in Hamburg, meine Frau ist Managerin in einem Tabakkonzern. Sie hat mich strukturiert und ausbalanciert und – was fast das Schönste ist – sie bringt mich zum Lachen.

Seit 40 Jahren begegnen Sie beruflich Menschen, eine lange Zeit und eine tolle Karriere. Auf Ihrer Website schreiben Sie aber  „The best is yet to come …“. Was haben Sie vor?

Ich könnte natürlich ohne große Mühen eine Biographie schreiben. Aber spannender fände ich eigentlich ein Hörspiel, in dem ich alle O-Töne nachspiele – zum Beispiel einen Schneespaziergang mit Loriot, ein Essen mit Liza Minelli oder eine Autofahrt mit Peter Alexander. Für mich ist alles noch ein Vorspiel, eigentlich läuft alles auf ein Album mit eigenen Songs und eigenen Texten zwischen lustig und übermütig hinaus. Meine aktuelle Show ist der Auftakt hierfür, denn ich habe alle Lieder selbst geschrieben.

Sie sind mit Pe Werner befreundet, waren in allen großen Shows und haben Sketche für Harald Juhnke geschrieben. Auch mit Loriot haben Sie eine eigene Geschichte.

Ja, ich war in den Jahren 1983 bis 1990 die Stimme von Loriots Wum & Wendelin und ich wollte unbedingt von Victor von Bülow mit Knollennase karikiert werden. Und weil ich nicht wusste, wie ich das anstellen sollte, habe ich ihn selbst auf einer Serviette karikiert. Da konnte er dann auch nicht anders als zum Stift zu greifen.

Da wären wir ja schon bei Ihren Knörikaturen, die zu Ihren Markenzeichen gehören. Wie oft greifen Sie zu Filzstift und Serviette?

Sehr oft. Es macht mir einfach großen Spaß mich auf diese Weise mit meinen Mitmenschen zu beschäftigen. Ich zeichne alles und jeden, natürlich auch viele Prominente. Ich bemale nicht nur Servietten, sondern auch Teller. Angefangen habe ich mit Charles Aznavour, dann kamen Udo Jürgens, Udo Lindenberg und Helmut Schmidt und viele andere.

Ihr Vater ist Mitgründer der Deutschen Tinnitus Liga und der European Federation of Tinnitus Associations. Er hat europaweit auch Ärzte auf das Phänomen aufmerksam gemacht und dafür das Bundesverdienstkreuz bekommen. Wie war Ihr Verhältnis zu ihm?

Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis. Rückblickend finde ich es großartig, dass meine Eltern mich immer verstanden haben, auch als ich als Jugendlicher Travestie gemacht und als Marlene Dietrich aufgetreten bin. Für die Tinnitus Liga habe ich damals übrigens das Logo sowie das Layout für das Magazin entwickelt. Ich hatte auch selber einmal eine Woche lang einen Tinnitus. Ich weiß also, wovon die Betroffenen reden.

Was hat Ihr Leben entscheidend beeinflusst?

Dass ich damals den Studienplatz für Kommunikationsdesign nicht bekommen habe. Meine Mappe war so, dass der Professor meinte, mir nichts mehr beibringen zu können. Diese Ablehnung war hart, aber hat mich dazu gebracht, mein Hobby zum Beruf zu machen und ich habe erkannt, dass Talente das größte Geschenk für einen Künstler sind. Ich habe Oboe und Klarinette gespielt und mir selbst das Saxophonspielen beigebracht. Rückblickend kann ich sagen, ich habe immer gemacht, was mir Spaß gemacht hat und glücklicherweise hat es den Menschen gefallen.

Sie haben über 20 Jahre in Köln gelebt, seit 2014 wohnen Sie mit Ihrer Frau in Hamburg. Welche Beziehung haben Sie zu Düsseldorf?

In den 90er-Jahren war ich ganz oft im Frontpage am Rheinufer bei Harald Rehbock und wir haben zusammen live gesungen. Ich war regelmäßig in den Rheinterrassen und im Schumacher. Immer noch trete ich im Schnitt zehn Mal im Jahr in Düsseldorf auf, weil die Menschen mich mit meiner Show oder für ein Event buchen. Und natürlich kenne ich auch René Heinersdorff sehr gut. Wir haben uns vor vielen Jahren bei einem Event kennengelernt.

Sie sind Gründer des unabhängigen Sozialunternehmens nestwärme e.V. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Ich hatte unterwegs im Radio eine Reportage gehört über einen Jungen, dessen Haut immer aufplatzte. Damals sammelten die Johanniter Geld dafür, dass solche schwerkranken Kinder zu Hause betreut werden konnten. Ich spendete und rief dort an, ob sie nicht lieber einen eigenen Verein gründen wollten und erfand auch den Namen Nestwärme. Seitdem bin ich als Botschafter dabei und habe in den Jahrzehnten Millionenbeträge für die Organisation gesammelt.


Kurzvita

Jörg KnörJörg Knör ist Jahrgang 1959. Erblickte 10 Minuten vor seinem Zwillingsbruder Jens in einem Wuppertaler Kreißsaal das Licht der Welt. Mit 11 Jahren baute er Bühnenbilder, mit 15 Jahren war er Kandidat bei „Am laufenden Band“ mit Rudi Carrell, seinem großen Vorbild. Er gründete das Schüler-Kabarett „Le Spectacle“ und hoffte auf seinen Durchbruch. Der ließ nicht lange auf sich warten. Mit 18 Jahren ging er als jüngster TV-Ansager in die Fernsehannalen ein. Knör moderierte im ZDF, gewann 1981 den ARD-Talentschuppen mit seinen Carrell-, Brandt- und Strauß-Parodien. 1990 ging er mit einer eigenen Jörg Knör Show im ZDF auf Sendung. Sechs Jahre war er bei „7 Tage 7 Köpfe“ bei RTL zu sehen, 1998 gewann er den Bambi „Zuschauerpreis“. Seit 1999 steht er mit seinen Shows auf den Bühnen Deutschlands. Aktuell ist er mit „Filou!“, seiner zehnten Bühnenproduktion, auf Tournee. Eine seiner Stationen im Sommer war das Theater an der Kö, wo er als Guide zusammen mit seiner „Reisegruppe“ musikalischen Halt machte bei den Stationen seines Lebens – ein Konzert der Legenden im Promihimmel.


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