4. November 2016In 2016/4

„Theater zu spielen ist aufregend und schön“

Interview mit Simone Rethel, Schauspielerin, Künstlerin und Autorin


von Dr. Susanne Tuchel

Sie wurden als einziges Kind der Theater- und Filmfotografin Brigitte Wex und des Bühnenbildners, Designers und Malers Alfred Rethel geboren. Blieb Ihnen da überhaupt eine andere Wahl als ebenfalls Künstlerin zu werden?

Meine Eltern haben mich schon als Kind zu Ausstellungen, zu Kunsthändlern und expressionistischen Malern mitgenommen. Wir waren eine künstlerische Familie. Und als mir auf dem Gymnasium nach der Schulaufführung „Der Widerspenstigen Zähmung“ eine Lehrerin riet, Schauspielerin zu werden, entsprach das schon meinen eigenen Wünschen, war also nur noch eine Bestätigung.

Der Name Rethel ist in Düsseldorf und weit darüber hinaus bekannt. Wie sind Sie mit Alfred Rethel verwandt, der bereits mit 13 Jahren Schüler der Düsseldorfer Kunstakademie wurde und den Bundespräsident Theodor Heuss für den größten Maler des 19. Jahrhunderts hielt?

Der Düsseldorfer Maler Alfred Rethel war mein Ururgroßonkel. Ich habe mich sehr ausführlich mit der Familie Rethel beschäftigt und auch einige Nachkommen kennengelernt. Am 12. Dezember werde ich übrigens zum 200. Geburtstag des Historienmalers Alfred Rethel aus seinen Briefen lesen. „Bin ich nicht der glücklichste Mensch auf Erden?“ heißt die Lesung, die in der Universitätsbibliothek der Heinrich Heine-Universität stattfindet.

Ihre Verbindung zu Düsseldorf geht weit zurück. Wann sind Sie hier erstmals aufgetreten?

Direkt nach der Schauspielschule hatte ich ein Arrangement in der Komödie auf der Steinstraße. Die habe ich in den 60er-Jahren quasi miteröffnet. Gespielt wurde „Die Lokomotive“, und wir mussten vorher noch schnell saubermachen und saugen.

Stehen Sie lieber auf der Bühne oder vor der Kamera?

Das ist für mich völlig gleichwertig. Aber gerade jetzt bin ich sehr froh, dass ich auf der Bühne stehe. Theater zu spielen ist aufregend und schön.

Aktuell sind Sie in „Wir sind die Neuen“ im Theater an der Kö zu sehen, in einer Inszenierung von René Heinersdorff. Wie lange kennen Sie beide sich schon?

Ich kenne René schon als kleinen Jungen. Er konnte einfach alles, alles fiel ihm in den Schoß. Wir sind uns so nah, dass er im Jahr 2011 die Trauerrede auf meinen Mann Johannes Heesters hielt. René habe ich es auch zu verdanken, dass ich dann 2012 einen neuen Lebensabschnitt angefangen habe mit „Der Kurschattenmann“ im Theater am Dom Köln. Mit dem Stück bin ich vier Jahre durch Deutschland auf Tournee gegangen.

Sie sollen schon als Kind für Johannes Heesters geschwärmt haben?

Ja, ich sah ihn mit 11 Jahren in „Da Capo“ und erzählte allen Freundinnen von ihm. Jahrzehnte später lernte ich ihn kennen, weil ein Freund von mir mit ihm in dem Musical „Gigi“ zusammenspielte. Er hat uns miteinander bekannt gemacht, das war 1986. 1992 haben wir dann geheiratet.

Und damit wurden Sie so etwas wie eine Expertin des Alters. 1998 erschien Ihr Fotoband „Schönheit des Alters“, 2006 folgte der Fotoband „Johannes Heesters: Ein Mensch und ein Jahrhundert“, ein übrigens sehr spannendes Buch, das einerseits Ihren Mann zeigt und auf einer Zeitleiste die Entwicklungen beschreibt, die das Jahrhundert so nahm. 2010 erschien Ihr Buch „Sag nie, du bist zu alt“. Ein Promibuch?

Nein, gar nicht. Es ist eher ein Sachbuch. Ich habe sehr verschiedene Menschen interviewt: einen Arzt, einen Richter, einen Schreiner, einen Müllabfuhr-Mitarbeiter und viele andere. Am besten kamen die Rentner mit dem neuen Lebensabschnitt klar, die sich rechtzeitig darauf eingestellt hatten und neue Projekte in Angriff nahmen. Der ehemalige Mitarbeiter aus der Führungsetage des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS wurde Hausmeister, eine Dame eröffnete einen Hundesalon, manche fingen an Kuchen für Cafés zu backen. Zugegeben, der Mann, der bei der Müllabfuhr beschäftigt war, der wollte einfach nur noch seinen Ruhestand genießen und die Füße hochlegen.

Um verschiedene Lebensmodelle geht es auch in der Komödie, in der Sie zusammen mit Joachim H. Luger, Lutz Reichert, Katarina Schmidt, Florian Gierlichs und Julie Stark noch bis zum 15. Januar zu sehen sind. Sie gehören in die WG der Alt-68er. Können Sie sich mit dieser Rolle identifizieren?

Meine Eltern waren sehr offen, lasen selbst Simone de Beauvoir. Gegen was hätte ich da ankämpfen sollen? Aber es ist eine wunderbare Rolle in einem wunderbaren Stück.

Was mögen Sie an Düsseldorf und wie sehen Ihre persönlichen Auszeiten aus?

Das Viertel um den Carlsplatz mag ich sehr. Ich bin aber auch gerne in Oberkassel und besuche die vielen Museen, wenn ich die Zeit finde. Entspannen muss ich nicht, das strengt mich wie Wellness eher an. Zum Fitnesstraining gehe ich aber schon. Und da ich so viel unterwegs bin, bin ich dann am liebsten in meinem Haus am Starnberger See.


Kurzvita

Simone RethelSimone Rethel stand schon als 16-jährige Schülerin als „Die fromme Helene“ mit Theo Lingen und Friedrich von Thun vor der Kamera. Ihre Ausbildung begann sie in München an der Schauspielschule von Hanna Burgwitz. Schon ein Jahr später holte sie ihr Mentor, einer der bekanntesten deutschen Schauspieler, Filmregisseure und Autoren der Nachkriegszeit, Axel von Ambesser, an das Bayerische Staatsschauspiel. Sie spielte im Thalia in Hamburg, war auf vielen Boulevard-Bühnen und in zahlreichen TVSerien zu sehen wie „Der Kommissar“, „Der Alte“, „Derrick“, „Tatort“, „Diese Drombuschs“, „Stubbe – von Fall zu Fall“ und zuletzt in „Die Garmischcops“. Ihr zweites Talent ist die Malerei. Seit 1975 stellt sie deutschlandweit ihre Öl- und Hinterglasbilder, Tuschezeichnungen und Aquarelle aus. Ihr drittes Talent ist die Fotografie. Hier porträtiert sie vor allem Schauspielkollegen. Dies auch in ihrem eigenen Fotostudio, dem Simoneum. Aktuell steht sie in „Wir sind die Neuen“ im Theater an der Kö auf der Bühne.


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