14. Dezember 2023In 2023/3, Interview

Interview: Nagia El Sayed Medienmanager

SIND FRAUEN DIE BESSEREN FÜHRUNGSKRÄFTE?

„Es reicht nach meiner Einschätzung nicht aus, Talente nur nach dem Geschlecht, nach männlich oder weiblich einzuteilen. Daran Unterschiede im Führungsstil festmachen zu wollen, greift natürlich zu kurz. Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung in globalen wie in Familienunternehmen weiß ich jedoch, dass es einige Qualitäten gibt, die verstärkt bei uns Frauen anzutreffen sind. Sie zu nutzen, tut jedem Unternehmen gut und wirkt sich im besten Fall positiv auf das Team aus. Die Stärke von Frauen im Unternehmen ist es doch, zuhören zu können und ein offenes Ohr für die Probleme der Kolleginnen und Kollegen zu haben. Man sollte nichts verallgemeinern: Aber die Stärke weiblicher Führungskräfte ist nach meiner Beobachtung die Kommunikation. Es hat ja seinen Grund, dass gerade in diesem Verantwortungsbereich immer mehr Frauen gefragt sind. Im Übrigen haben mir Männer in Unternehmen bestätigt, dass die Frauen oft mit viel größerer Gewissenhaftigkeit und Empathie an Dinge herangehen, als sie selber es tun. Und wenn das schon die Männer sagen, wird ja vielleicht etwas dran sein – oder?“

Wie steht Deutschland bei weiblichen Spitzenkräften im internationalen Vergleich da?
„In den vergangenen Jahren hat es schon viele Veränderungen zum Positiven gegeben. Vor allem im Bereich der Human Ressources, der Personalentwicklung, nutzen die Unternehmen mehr und mehr weibliche Kompetenz. Dennoch sehe ich noch Luft nach oben. In Deutschland beträgt der Anteil weiblicher Führungskräfte rund 30 %. In Lettland, Polen oder Schweden sind fast die Hälfte der Führungskräfte Frauen. Warum sollten wir das nicht auch schaffen?“

Ihr Vater ist Ägypter, Ihre Mutter ist Deutsche, Sie sind in Wien geboren und führen ein kosmopolitisches Leben. Was bedeutet Toleranz für Sie?
„Meine Eltern sind das beste Beispiel für gelebte Toleranz. Die Religion meines Vaters ist der Islam. Meine Mutter ist Katholikin, genauso wie ich. Für meinen Vater ist es das Selbstverständlichste auf der Welt, dass er mit uns gemeinsam an Weihnachten oder Ostern die Christmesse besucht. Das ist für mich gelebte Toleranz.
Toleranz hat für mich immer mit Menschen zu tun, die Vorbilder sind. Tief beeindruckt hat mich auch Anwar As-Sadat, der ägyptische Präsident, der den Friedensnobelpreis erhielt und 1981 einem Attentat zum Opfer fiel. Ich sehe ihn noch vor mir, als ich ihm während eines Deutschland-Besuchs als kleines Mädchen vorgestellt wurde.“

Was bedeutet für Sie das Weihnachtsfest?
„Es ist etwas Wunderbares, ein Augenblick des Friedens und des Glücks, etwas Magisches! Es kann schon passieren, dass ich vor lauter Vorfreude bereits im August Weihnachtslieder abspiele. Ich liebe Weihnachten. Es ist das Fest der Familie. Es ist das Coming Home for Christmas.
Gerade in diesem Jahr sollten wir es doch voller Dankbarkeit zu schätzen wissen, dass wir inmitten einer Welt der Kriege und des Aufruhrs bei uns ein Fest des Friedens feiern können – mit Menschen, die wir lieben.
Weihnachten bedeutet für mich ganz persönlich aber auch, die nicht zu vergessen, die bei uns im Schatten leben.“

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