19. Februar 2015In 2015/1

„Menschen zum Lachen zu bringen ist eine ganz besondere Kunst“

Interview mit der Schauspielerin Marion Kracht


von Dr. Susan Tuchel

Sie standen bereits mit fünf Jahren vor der Kamera und teilten Ihre Kindheit und Jugend zwischen Schule und Filmstudio auf. Nur wenige Kinderstars schaffen den Sprung zum Erwachsenenstar. Thomas Ohrner, bekannt als „Timm Thaler“ Ende der 70er-Jahre, bekam erst 2008 in der Daily Soap „Verbotene Liebe“ wieder eine Rolle, Anita Hegerland, die mit Roy Black „Schön ist es auf der Welt zu sein“ sang, heiratete, bekam Kinder und nahm mit 50 Jahren das gleiche Lied noch einmal auf. Wie haben Sie diese Klippe gemeistert?

Ich hatte Glück, dass mir zum richtigen Zeitpunkt die richtige Rolle angeboten wurde. Mit 18 Jahren bekam ich die Titelrolle in der Fernsehserie „Christian und Christiane“, die erste Serie im deutschen Fernsehen, die aus der Sicht von Jugendlichen erzählt wurde. So hat sich die Prophezeiung meines Vaters, dass der große Traum vom Schauspielen im Teenageralter ein Ende fände, zum Glück nicht bewahrheitet.

Ihr Vater Dr. Fritz-André Kracht, der als Kölner vermutlich ein Stück weit für ihre offene, herzliche, nahezu rheinische Art verantwortlich ist, war eine schillernde Persönlichkeit. Er lebte lange Zeit in Amerika, übersetzte Stücke seines Freundes Carl Orff ins Englische, drehte experimentelle Filme, entdeckte die Sofortbild-Fotografie für sich und war Chefdramaturg in München. Wie haben Sie ihn und Ihre Mutter erlebt?

Ich sage immer: Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau. So war das auch bei meinen Eltern, die 50 Jahre lang, bis zum Tod meines Vaters im Jahr 2005, durch Dick und Dünn gingen. Mein Vater passte in keine Schublade so recht hinein. Er war halt beides, freakiger Künstler und liebender Familienvater. Meine Mutter betrieb sogar zeitweise eine Diskothek in München, um meinem Vater die nötigen Spielräume zu geben und das Familieneinkommen zu sichern.

Als Bühnenschauspielerin wurden Sie mit „Pygmalion“ und „Gottes vergessene Kinder“ berühmt. Für beide Stücke wurden Sie mit dem INTHEGA-Preis ausgezeichnet. Für die Rolle der Sarah erlernten Sie die Gebärdensprache und wurden für Ihr Engagement für Gehörlose 2002 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Und dann sind Sie auch noch Kuratoriumsmitglied des Kinderhilfswerks Plan International.

Die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz hat mich sehr überrascht und natürlich geehrt, wenngleich es nicht ganz leicht ist, immer daran zu denken, wann man es tragen darf oder sollte und wann nicht. Bei Plan International haben mein Mann und ich insgesamt drei Patenkinder, meines haben wir über Weihnachten in Kambodscha besucht. Ich habe dort auch ein Video gedreht und mir die Hilfsprojekte vor Ort angeschaut.

Auch sonst lassen Sie Ihre Mitmenschen teilhaben an Ihrer Sicht auf die Welt. Sie sind Klimaschützerin und haben soeben auf der Berliner Fashion Week Ihre erste Öko-Kollektion vorgestellt, die mit dem Aachener Textilunternehmen LANA in Deutschland produziert wurde. Was ist neu an dieser Kollektion?

Ich wollte mit veganer Mode auf den Markt, das heißt ich verzichte auf Wolle, Leder, Seide und auf tierische Produkte in den Farben. Viele Frauen möchten sich gerne ökologisch „korrekt“ kleiden, aber eben auch im Business gut aussehen. Meine Kollektion Warm Winter 2015/2016 ist eine Mischung aus Business und Casual. Sie umfasst 26 Teile und geht von Kleidern, Röcken, Blazern und Blusen bis hin zu Jacken und Mänteln und einem langen Abendkleid aus Nicki.

Und dann kochen Sie auch noch gut und gerne?

Stimmt, aber eben auch das vegetarisch und vegan. Vegetarierin wurde ich übrigens schon vor 25 Jahren in Indien, als ich sah, wie man dort mit den Tieren umging. Auch die hiesige Massentierhaltung ist nichts für mein Gemüt.

Ihre Lieblingsrezepte, die Sie alle selber gekocht haben, erscheinen im April im Cadmos Verlag. Das Buch heißt „Kracht kocht vegetarisch – vegan“ und ist mit 19,95 Euro erschwinglich. Warum vegetarisch und vegan?

Sämtliche Gerichte lassen sich sowohl vegan als auch vegetarisch zubereiten, die Alternativen stehen immer dabei. Es ist ein sehr persönliches Buch, in dem ich viel über meine Küchenpraxis verrate und auch Menüvorschläge mache.

Das wird Sie aber nicht von der Schauspielerei abhalten?

Keineswegs. Am 20 März läuft die neue ZDF-Serie „Bettys Diagnose“ mit mir und ich freue mich auch schon auf das nächste Engagement, denn die hohe Kunst und mein Lebenselixier ist es, die Menschen zum Lachen zu bringen.


Kurzvita

Marion KrachtMarion Kracht ist aus der deutschen Fernsehgeschichte nicht wegzudenken. Als Kind war sie in vielen Kinderserien wie beispielsweise in „Das feuerrote Spielmobil“ zu sehen. Mit 14 spielte Kracht die Tony in der Verfilmung der „Buddenbrooks“ von Thomas Mann zusammen mit ihrem Bruder Claudius in der Rolle des Sonderlings Christian Buddenbrook. Mit 20 Jahren nahm sie Schauspielunterricht in München und besuchte eine Schauspielschule in New York. In den 90er-Jahren ließ sie sich in Berlin für Improvisation ausbilden. Als „Tina“ wuchs Kracht in „Diese Drombuschs“ Fernsehgenerationen ans Herz. Sie wirkte unter anderem in den Mehrteilern „Der Havelkaiser“, „Familie Sonnenfeld“, „Liebe, Babys und …“ mit und stand auf Deutschlands Bühnen. Seit drei Jahren tourt die Wahlberlinerin durch Deutschland mit der Komödie „Auf ein Neues“, zuletzt im Theater an der Kö.


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