23. Januar 2015In 2015/1

„Ich möchte mit meiner Kunst mich und andere glücklich machen“

Interview mit Kanjo Také, japanisch-deutscher Multimediakünstler


von Dr. Paul Breuer

Wann wurde dein Interesse an Kunst geweckt? 

Das war schon in meiner Kindheit. Mit sieben Jahren stand ich in dem Fotolabor meines älteren Freundes und schaute gebannt in die Entwicklerschale. In dem Rotlicht erschien wie von magischer Hand gezaubert eine Landschaft auf dem Papier. Seit dieser Zeit hat mich das Bildermachen nie wieder losgelassen.

Erinnerst du dich noch an das erste Bild, was du gemalt /entworfen hast?

Ja, das waren Skalar Fische, die ich später als Skulptur bei meiner Frau im Bücherregal entdeckt habe.

Wie hat dich deine Herkunft aus Japan und Deutschland in kreativer Hinsicht geprägt?

Dadurch, dass ich in jungen Jahren in Deutschland aufgewachsen bin, war ich natürlich wissbegierig die Kultur Japans, die meines Vaters kennenzulernen. Die zwei Kulturwelten haben meine Sichtweise erweitert.

Früher hast du Grafikdesign gemacht. Warum hast du dich für die freie Kunst entschieden?

Ich wollte frei sein von verkaufsorientierten Konzepten, frei von Sinn und Absicht. Ich fühlte mich eingeängt in meinen Ideen und Vorstellungen. Die Kunst ist für mich befreiend.

Nach deinem ersten Abschluss der Malerei an der Escuela de Bellas Arte in Granada hast du noch einen zweiten drangehängt. War das ein Plan oder eher ein Zufall?

Das anschliessende Studium der visuellen Kommunikation und Fotografie an der Hochschule für Künste in Berlin war für mich wichtig, um konzeptionelles Denken zu lernen, was nicht nur für die angewandte Kommunikation wichtig war, sondern auch für die freie Kunst.

Bist du patriotisch für Deutschland oder Japan? Und kommt das auch in Deiner Kunst zum Ausdruck?

Weder noch, ich fühle mich als Kosmopolit, ich lerne aus allen Kulturen.

Wie sehen Deine Pläne jetzt aus nach Fertigstellung des Bühnenbildes für die Oper Abraham in der Düsseldorfer Johanneskirche?

Es stehen verschiedene Projekte an, über die ich ungern sprechen möchte, solange ich noch daran arbeite.

Was ist augenblicklich dein größter Traum?

Meinen 12 Meter hohen und 400 Meter langen 25 Kanal-Videofilm INVISION und MIKADO an die chinesische Mauer zu projizieren.

Mikado-Triptycon von Kanjo Také
Mikado Triptycon, 3x 100cm x 100cm

Was möchtest du in deiner Kunst erreichen?

Mit meiner Kunst mich und andere glücklich zu machen.

Stimmt es, das du von den japanischen Manga beeinflusst bist?

Nein, mich hat es nur interessiert, ob ich die Cartoonwesen auch photografisch kreieren kann, um sie dann in Videos zu animieren.

Du hast eine sehr eigene Vision. Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Meine Bildsprache ist mit Hilfe der neuen digitalen Werkzeuge entstanden. Der Computerpinsel hat keine Haare und der Computerstift kein Graphit. Diese Technik ermöglicht mir meine surrealen und collagenhaften Visionen umzusetzen. Ich möchte den Stil nicht beschreiben. Nicht noch ein „ ismus“, um in ein Schubfach gesteckt zu werden.

Wer ist dein großes Vorbild?

Ich studiere die alten Meister, um zu wissen, was ich nicht kopieren darf. Ich will meine eigene Welt entdecken und erfinden.

Gibt es irgendwelche Vorbilder, die dich maßgeblich beeinflusst haben?

Mich interessieren Autobiografien von Künstlern. Das ist für mich wie ein Gespräch, um zu erfahren, womit sie sich auseinandergesetzt haben.

Shooting Star:
Kanjo Také, der japanisch-deutsche Multimediakünstler

Kanjo Také ist alles andere als ein Künstler mit Star-Allüren. Bescheiden und mit einer inneren Ruhe und Aura ausstrahlend. Er arbeitet gleichzeitig intensiv an vielen Projekten. Mit der Kamera, dem Pinsel oder am Computer. Er ist Fotograf, Maler und Video/Lichtkünstler. All das trifft zu auf den auffälligen Düsseldorfer Künstler mit japanischen Wurzeln. 
 
Von seinen Ateliers in Shanghai, Tokio und Hamburg aus arbeitete er als Fotokünstler  und als Artdirektor auch für internationale Agenturen in New York, London und Zürich. Studien in China, Russland, Japan, Indien und Australien weckten seine Neugierde und öffneten seinen Blick für das Surreale. „Das Spirituelle, der Klang eines Instruments, das Raunen der Winde, Düfte, das Rauschen des Meeres, Reflexionen im Wasser, Wolkenformationen, um daraus Bilder zu assoziieren“, das habe ihn immer fasziniert.
Inzwischen hat Kanjo Také , verheiratet mit einer Düsseldorferin, in Düsseldorf seine Wahlheimat gefunden. Ein Geschenk des größten Heimatverein Deutschlands an die Stadt Düsseldorf zum 725. Jubiläum , war eine Lichtperformance mit Také-Videos projiziert auf einen großen Wasservorhang (144 Quadratmeter) im historischen Hofgartenbrunnen. Mit erstmalig photografisch kreierten japanischen Mangas (Comic-Kunst) und den Wahrzeichen Düsseldorfs und des Heimatvereins der Düsseldorfer Jonges kombiniert, schaffte Také sein Lichtkunstobjekt „Tanz der göttlichen Helden“. Für die Klangkulisse sorgte der „Kraftwerk“-Musiker Eberhard Kranemann mit einer eigenen Komposition. 
Ein weiteres dauerhaftes Lichtprojekt des Künstlers im Hofgarten, das „WATEREGG“ mit einem illuminierten, an- und abschwellenden Wasserfontänen-Geflecht, hat ihm große Aufmerksamkeit und Anerkennung  eingebracht. 

Prof. Dr. Dieter Ronte, ehemaliger Direktor des Museum Bonn, beschreibt Takés Kunst wie folgt:
„Takés Kunst ist mit den Begriffen Malerei oder Fotografie oder fotografische Malerei
nicht wirklich zu benennen. Die Technik ist neu und medial, das Konzept der Bilder ist das der Malerei“. 


Prof. Dr. Manfred Schneckenburger, zweimaliger Kurator der „documenta“, sagt über Takés Kunst:
„Er fotografiert und filmt nicht nur, wo er geht und steht und was immer seine Aufmerksamkeit weckt. Er inszeniert seine Geschichte, die narrativ abläuft und poetisch schweift“.

Mit Kanjo Také findet ein weiterer vielseitiger internationaler Fotokünstler und Multimediakünstler mit neuen einmaligen Techniken Einzug in Düsseldorf, das sich so langsam zum Mekka der Fotokunst entwickelt. Dies beweisen die vielen Künstler und Kritiker, Journalisten und Sammler aus ganz Europa und Übersee, die nach Düsseldorf kommen, um sich über eine neue Bildsicht zu informieren.

Woher stammt deine Vorliebe für Surrealismus?

Als ich zum ersten Mal in Paris Ives Tanguy, Max Ernst und René Magritte sah war ich von diesen Welten tief berührt.

Wie beginnt die Arbeit an einem neuen Bild? Was inspiriert Dich?

Ich habe eine Initial-Idee die ich verfolge, skizziere, Bildmaterial aus meinem Archiv sammle oder neu produziere und beginne die Elemente zusammenzufügen.

Für wen malst Du – für dich selbst oder für den Kunden/Sammler?

Es geht mir in erster Linie eine Idee umzusetzten/ sichtbar zu machen, neue Welten zu erschließen. Es sind keine Auftragsarbeiten.

Du sagtest Deine Tante war für Dich wichtig. Hatte sie in deiner Kindheit einen großen Einfluss auf Dich?

Ja, sie hat meine zeichnerischen Fähigkeiten erkannt und mit allen Mitteln gefördert.

Was hast du an der HDK Berlin gelernt, was Du in der Escuela de Bellas Artes in Granada nicht lernen konntest?

In Spanien habe ich ein solides zeichnerisches Handwerk gelernt und in Berlin konzeptionelles Denken. Beides ist für mein heutiges Schaffen elementar wichtig.

Wie kam es zu dem Brunnen-Projekt im Hofgarten?

Der Baas Wolfgang Rolshoven von den Düsseldorfer Jonges fragte mich, ob ich den „Jröne Jong“ gestalten könnte. Ich begann drei Ideen vorzuschlagen. Es folgten die Entwürfe und dann die Ausführung. Teilweise wurden Versuchsaufbauten notwendig, um die praktische Realisierung des Projektes auszutesten und voranzubringen.

Und wie bist Du an diese ungewöhnliche und künstlerisch herausfordernde Arbeit herangegangen?

Meine Arbeiten basieren auf der Basis von Digitalkamera und Videotechnik. Das dokumentarische Fotomaterial, finde ich zunächst in meinem nächsten Wohnort und im Umfeld von Düsseldorf. Dieses wird in einem Strom bewegter Strukturen, mehrschichtiger Transparenzen und farbiger Lasuren gezogen. So möchte ich etwas verkürzt meine Arbeitsweise beschreiben.

Weitere Fotoarbeiten kombiniert mit Malerei in einer Bilderfolge von 100 x 100 in einer Länge von 10 bis 15 Meter werden in Düsseldorf in der Galerie Shia Bender in einer Einzelausstellung gezeigt und gehen in Kürze ins Ausland. Weitere Einzelbilder, Triptychen in den Formaten 100×100, sind in der Galerie Bender im Kunstraum49“ zu sehen. Bis wann läuft die Ausstellung?

Meine Arbeiten werden noch bis zum 27. Januar 2015 dort zu sehen sein. Sie umfassen meine Foto- und Videokunst der letzten zehn Jahre.

Du bist nicht nur Fotograf sondern auch Maler. Wie schaffst Du dabei die Symbiose beider Techniken, wenn man diese als solche vergleichen kann?

Es gilt die zwei Techniken, Kamera und Computer, so zu verbinden und zu kombinieren, dass sich neue Sehfelder eröffnen. Die frühe Erfahrung mit einer dritten Technik, der Malerei, war dabei sehr hilfreich. Mein Ziel ist immer, einen ästhetischen Gewinn zu erzielen, der sich nicht in die Vergangenheit richtet sondern in die Zukunft.

Welche weiteren Projekte sind augenblicklich in Arbeit? Möchtest Du darüber sprechen?

Die moderne Kirchenoper „Abraham“, in einer Uraufführung des New Yorker Komponisten Daniel Schnyder anlässlich des Düsseldorf Festival im November 2014, war eine interessante Arbeit für mich. Ähnliche Licht- und Videoprojekte, die an exponierten Plätzen dieser Welt noch nie gezeigt wurden, daran arbeite ich und sind mein Ziel.

Wie fühlst Du Dich in Düsseldorf angenommen und welche Träume würdest Du hier gerne noch realisieren wollen?

Düsseldorf  inspiriert mich. Die Stadt, die Menschen, die Energie, die vom Rhein ausgeht. In einem bedeutenden Museum meine Arbeiten auszustellen ist ein großes Ziel.


Kurzvita

Kanjo TakéKanjo Také wurde 1953 in Berlin geboren. Studium der Malerei in Granada/Spanien und Visuelle Kommunikation und Fotografie an der Hochschule der Künste Berlin. Künstlerische Artdirection für internationale Agenturen in Tokyo, New York, London, Zürich und Hamburg. Seit 1988 freiberuflich als Multimedia-Künstler mit Ateliers in Düsseldorf, Shanghai und Tokyo. Kanjo Také lebt in Düsseldorf.


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