25. Januar 2015In 2015/1

Umrüstung der Düsseldorfer Straßenlaternen von Gas auf LED


Kommentar von Dr. Paul Breuer

Paul Breuer
Dr. Paul Breuer

Welch absurde Diskussion wird derzeit darüber in Düsseldorf geführt. Die abgewählte CDU-Mehrheit im Stadtrat hat seinerzeit beschlossen – zumindest war beabsichtigt – die gasbetriebenen original Straßenlaternen auf neue Laternen mit LED-Beleuchtung umzurüsten (Kosten pro Laterne etwa 10.000 EURO).

Der Düsseldorfer Bürger fragt sich natürlich, welche Beweggründe zu einer solch kostspieligen Umrüstung geführt haben. Wie zu erfahren war, ist der neu gewählte Oberbürgermeister Thomas Geisel noch offen für eine solche Entscheidung. Vielleicht trägt dieser Bericht dazu bei, den Streit von Befürwortern und Gegnern zu versachlichen. Dafür bedarf es allerdings einiger Fakten, die aber erst im Vergleich sichtbar werden:

Augenblicklich sind noch circa 15.000 Gaslaternen in Betrieb. Damit hat Düsseldorf den größten Anteil an Gaslaternen einer Stadt in Deutschland, und zwar in den original Abmessungen, wie sie vor 100 Jahren schon gebaut wurden – also von 1850 bis 1950. Sie sind optisch und von der Ästhetik her sicherlich ansehnlicher, als die etwas größeren, moderneren LED-Laternen. Nach der heutigen Lichttechnik erstrahlen die alten gasbetriebenen Laternen jedoch in einer freundlicheren und wärmeren Farbe, als die strombetriebenen kühlen LED-Lampen. Befürworter sprechen von einer erhöhten Sicherheit der LED-Lampen wegen des kalten Lichtes. Wodurch sich die Sicherheit im Freien erhöhen soll, erschließt sich dem Betrachter allerdings nicht.

Große GaslaterneWartungstechnisch ist es so, dass die LED-Laternen mit Kunststoffscheiben versehen sind und nicht perfekt abschließen. Die Folge ist eine innere Verschmutzung der Kunststoffscheiben. Die Gaslaternen dagegen haben Glasscheiben und schließen insgesamt besser ab. Durch die Wärmeausstrahlung des Gaslichtes meiden Spinnen und anderes Ungeziefer das Innere als Brutplatz. Hinzu kommt, dass die Glasscheiben durch die Wärme bei Feuchtigkeit nicht beschlagen. Bei den LED-Laternen ist dies allerdings der Fall. Die Wärmeausstrahlung der Gaslaternen ist auch ein Argument der LED-Befürworter, unter anderem wegen des CO2-Ausstoßes, der angeblich die Umwelt belastet. Tatsächlich ist es so, dass der CO2-Ausstoß bei den gasbetriebenen Laternen lediglich O,2 Prozent des Gesamtausstoßes Düsseldorfs von 5,73 Millionen Tonnen ausmacht. Unterschlagen wird auch, dass bei LED durch die wechselnde thermische Belastung die Kunststoffscheiben springen und teilweise sogar platzen. Das heißt, die Wartung dieser Laternen dürfte wahrscheinlich ähnlich hoch sein, wie bei Gaslaternen. Die niedrigeren Stromkosten bei den LED-Laternen sollten die Differenz ausgleichen.

Betrachtet man den sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Aspekt der Gaslaternen, dann dürfen hier Fakten, wie die Stadtentwicklungsgeschichte Düsseldorfs, künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe nicht vernachlässigt oder gar ignoriert werden. Es betrifft auch direkt die industriekulturgeschichtliche Entwicklung Düsseldorfs mit den im 19. Und 20. Jahrhundert notwendigen ersten Bauten von Gaswerken, Mannesmann-Röhren (Leitungsnetze) in Verbindung mit Patenten und der bautechnischen Realisation der flächendeckenden Beleuchtungskultur von Düsseldorfs Straßen und Plätzen zur Verkehrssicherung der Bevölkerung. Die Gasbeleuchtung geht einher mit der industriellen Revolution dieser Zeit und ist somit ein wesentliches Merkmal der Epoche und weltweit einmalig.

Düsseldorf besitzt neben Berlin in Deutschland den weitaus größten Bestand an Gasbeleuchtung im öffentlichen Raum und damit ein ausgesprochen technisch-geschichtliches Alleinstellungsmerkmal. Diese Beleuchtungsart kann daher als epochentypisch gelten und die Erhaltung somit eine Denkmalpflegerisch wertvolle Zielsetzung – darstellen. Am Tag des offenen Denkmals 2014 hat Bundespräsident Joachim Gauck explizit die Bedeutung und den Erhalt der historischen Gaslaternen unter anderem in Düsseldorf angesprochen.

Die Erhaltung der Düsseldorfer Gaslaternen ist aktiver Denkmalschutz unserer Bürger, weil sie unsere Stadt bunter und lebenswerter machen. Zugegeben, es ist vielleicht nur eine kleinere Facette des allgemeinen Düsseldorfer Stadtbildes bei Tag und besonders bei Nacht. Im Ausland jedoch, besonders auch in den USA, wird in Reisebeschreibungen Düsseldorfs auf die historischen Gaslaternen hingewiesen, die zur besonderen Atmosphäre der Stadt beitragen. 

Berücksichtigt man die Kosten für die Umrüstung von Gas- auf LED-Laternen, dann müssten mindestens 150 Millionen EURO aufgewandt werden (Kosten/Nutzenrechnung liegt vor). Diese Zahlen basieren unter anderem auf den Berechnungen der Stadt Frankfurt, die eine Entscheidung zu Gunsten der LED-Laternen wohl schon getroffen hat. Die Lebensdauer der Gaslaternen wird auf mindestens 100 Jahre geschätzt. Wartungstechnisch dürften die Kosten für beide Systeme gleich sein.

Ein weiteres Argument der Gegner von Gaslaternen ist die Explosionsgefahr. Auf Anfrage bei der Feuerwehr und den Stadtwerken ist dort jedoch kein einziger solcher Vorfall bekannt geworden. Schwierige Ersatzteilbeschaffung, zu schwache Beleuchtung, die radioaktive Belastung und Entsorgung der Glühstrümpfe erscheinen an den Haaren herbeigezogen.

Die Düsseldorfer Stadtwerke prüfen zur Zeit, ob diese Gaslaternen als Denkmal schützenswert sind und die Kriterien des Weltkulturerbes der UNESCO erfüllen könnten. Bei dem zu bewertenden Moratorium – käme es dazu – wäre es dann ratsam, auf die Ausgewogenheit in der Zusammensetzung der Diskutanten zu achten.

Zu den von der UNESCO-Liste des Welterbes genannten Kriterien für Baudenkmäler, Städteensembles und Industriedenkmäler zählen auch unsere Gaslaternen, denen die Einzigartigkeit und Authentizität (bei Kulturstätten) sowie Integrität zugrunde liegt. Dieses gilt es zu berücksichtigen, um diesen einzigartigen Kulturschatz Düsseldorfs zu erhalten.


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