„Endoskopie, Energie, Empathie – im Dienst am Menschen“
Interview mit Dr. Christian Weik, Chefarzt Innere Medizin/Gastroenterologie am Augusta Krankenhaus in Düsseldorf
von Dr. Susanne Altweger
Herr Dr. Weik, ich kenne Sie seit langem als leidenschaftlichen Arzt: War das schon früh Ihr Berufswunsch?
Nein, überhaupt nicht. Ich tendierte zunächst zum Journalismus, wäre gerne Auslandskorrespondent geworden. Aber kurz nach dem Abitur entwickelte ich großes Interesse für die Hepatologie; vermutlich ausgelöst durch meine Begeisterung für die Fächer Biochemie und Chemie, denn die Leber ist ja die chemische Fabrik des menschlichen Organismus, sozusagen als Apotheke des Körpers.
Das war dann so tief in Ihnen verankert, dass es zu Ihrer lebensbestimmenden beruflichen Entscheidung führte?
Ja. Ich bewarb mich umgehend um einen Studienplatz in Medizin, und das hat sogar in meiner Heimatstadt Freiburg geklappt. Die Leber ließ mich in der Folgezeit nicht mehr los. Sie wurde Thema meiner Doktorarbeit und begleitete mich während meines gesamten Studiums. Mit Berufseinstieg wollte ich diesen Schwerpunkt fortsetzen. Das war nicht einfach, denn damals herrschte eine ausgeprägte Ärzteschwemme und es gab nur zwei Leberzentren in Deutschland: Freiburg und Düsseldorf. Ich bewarb mich an der Universitätsklinik Düsseldorf, wo ich sechs Jahre arbeitete. 40 bis 50 Prozent meiner Arbeitszeit verbrachte ich im hepatologischen Labor mit Forschung. Wie viele andere Kollegen hangelte ich mich in dieser Zeit von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten. Als ich die dreißig überschritten hatte, war mir klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Ich brauchte eine Lebensplanung mit Perspektive.
Kam dann das Augusta Krankenhaus?
Ja, wenn auch eher zufällig. Eine neue Stelle in der Universitätsklinik Regensburg hätte ich erst nach einem Jahr antreten können. So leitete mein Mentor, Professor Strohmeier, es in die Wege, mich im Augusta Krankenhaus zu parken. Die Klinik sah ich zum ersten Mal bei meinem Vorstellungsgespräch. Zunächst fühlte ich mich etwas geschockt, in einem vergleichsweise so kleinen Krankenhaus arbeiten zu sollen. Als ich jedoch den damaligen Chefarzt, Dr. Axel Mittelstaedt kennenlernte, war ich positiv überrascht, denn er war so anders als alle anderen Chefärzte, die mir bis dato begegnet waren.
Jetzt könnte ich einwerfen, nichts ist so dauerhaft wie das Provisorische.
Das trifft es. Ich kam, um ein Jahr zu überbrücken, und daraus wurden nun schon 22 Jahre. Dr. Mittelstaedt hat mich wirklich exzellent aufgebaut. Bei ihm konnte ich Führung von der Pike auf lernen. Dass ich ihm schließlich auf die Chefarztstelle folgen konnte, war damals wie auch heute ungewöhnlich. Im weiteren Verlauf entwickelte sich das Augusta-Krankenhaus enorm weiter, mittlerweile sind wir Lehrkrankenhaus der Universitätsklinik Düsseldorf.
Sie müssen sich als Chefarzt mit Personalpolitik, Verwaltung, Führung beschäftigen. Oft bleibt zu wenig Zeit für die eigentliche ärztliche Tätigkeit. Sie sind aber täglich an der Front.
Ja, das ist mir wichtig. Ich mache nach wie vor viele Untersuchungen selbst, worauf ich niemals verzichten werde. Sicher kostet das viel Energie. Nur durch effizientes und stringentes Vorgehen sowie hervorragend strukturierte Endoskopie-Abläufe schaffe ich mir die notwendigen Freiräume für die administrativen Bereiche.
Bitte erklären Sie uns den Schwerpunkt Ihrer Arbeit.
Ich untersuche die Bauchorgane, insbesondere den Verdauungstrakt, diagnostiziere und leite darauf aufbauend umgehend Therapien ein. Unsere hoch moderne Endoskopie-Abteilung deckt sämtliche relevanten Untersuchungsbereiche ab. Obwohl die Gastroenterologie ein sehr handwerkliches Gebiet ist, habe ich auch die Chance, mit den Patienten ausführliche Gespräche zu führen. Man ist kein mechanischer Arbeitsroboter. Gerade in der Kombination zwischen manueller Arbeit und verbaler Begleitung der Patienten sehe ich die ideale Tätigkeit als Arzt. Das macht mich sehr zufrieden. Nicht zu unterschätzen ist darüber hinaus das Arbeitsumfeld. Wir arbeiten in einem exzellent durchdachten Klinikneubau mit kurzen Wegen, modernen Arbeitsräumen und hochmotiviertem, eingespieltem Personal.
Auf welchem Weg findet die Klientel zu Ihnen?
Der große Zustrom an Patienten basiert zum einen auf den Empfehlungen meiner Ärztekollegenschaft, zum anderen auf der Zufriedenheit derer, die über viele Jahre von mir betreut werden und mich im Bekannten- und Verwandtenkreis weiterempfehlen. Inzwischen wächst auch der Anteil ausländischer Patienten stetig. Neben den Nachbarländern, wie den Benelux-Staaten, kommen sie aus dem Nahen Osten und Osteuropa. Allerdings, das will ich ehrlich gestehen, wird es immer schwieriger, die Managementaufgaben und die Patientenbetreuung unter einen Hut zu bringen. Da hilft es immens, dass Düsseldorf eine attraktive Stadt ist, so dass ich keinerlei Probleme habe, qualifizierte Nachwuchskräfte einzustellen. Den Pflegenotstand, der ein allgegenwärtiges Problem in Deutschland ist, bekommen wir jedoch auch zu spüren.
Sie arbeiten in einem Bereich wo die Vorsorgeuntersuchungen das A und O zum Erhalt der Gesundheit sind. Mittlerweile gilt es als gesichert, dass regelmäßige Darmspiegelungen Krebs verhindern können. Leider hat Corona in manchen Bereichen Folgeerkrankungen mit sich gebracht, damit meine ich nicht Long-Covid sondern Erkrankungen, weil man sich nicht ins Krankenhaus getraut hat. Ist dies in Ihrer Abteilung auch so?
Nein, Gott sei Dank nicht. Im Gegensatz zu vielen anderen Abteilungen konnten wir den Betrieb vollkommen aufrechterhalten, nicht zuletzt aufgrund der sehr günstigen räumlichen Verhältnisse. Der Großteil unserer Untersuchungen findet ambulant statt. Das ist zweifellos ein riesiger Vorteil. Unsere Patienten können uns über einen separaten Eingang ganz einfach erreichen, natürlich unter Einhaltung gewisser Coronaregeln und –vorgaben. Das mindert die Ängste, sich im Krankenhaus mit Covid anzustecken.
Kommt es häufig vor, dass sie bei einer Zufallsvorsorgeuntersuchung bösartige Erkrankungen finden?
Ja natürlich. Zu Beginn meiner ärztlichen Tätigkeit war Krebs hauptsächlich eine Alterserscheinung. Was mir auffällt ist, dass die bösartigen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts vermehrt auch immer öfter bei jungen Menschen auftreten, so z.B. in Speiseröhre, Magen, Bauchspeicheldrüse und Darm. Diverse Ernährungsphilosophien haben auf die meisten dieser Erkrankungen keinen Einfluss. Darmkrebs zum Beispiel ist bei Veganern genauso häufig anzutreffen wie bei Fleischliebhabern. Nachgewiesene Negativfaktoren sind unter anderem übermäßiger Alkoholkonsum, vor allem von Hochprozentigem, sowie Rauchen und Adipositas. Ich bin überzeugt, dass bewusster Genuss in Maßen positive Auswirkungen auf die Psyche hat. Lebensfreude und körperliche Ertüchtigung erhalten den Menschen gesund. Selbst auferlegte ideologische Kasteiungen halte ich für unsinnig. Die Tumorgenese liegt in den meisten Fällen in der Genetik.
Wie hoch sehen Sie den Stellenwert der Kommunikation in der ärztlichen Arbeit?
Der Stellenwert der Kommunikation ist nicht hoch genug einzuschätzen. Ich trage die Verantwortung für mein gesamtes Team, welches ich aufgrund der Qualität flachhierarchisch führe. Aber es muss immer klar sein, wer der Chef ist. Ich habe eine direkte, offene Art und spreche Missstände umgehend an. Gleichzeitig bin ich auch für meine Mitarbeiter immer ansprechbar. Gerade deshalb herrscht in meiner Abteilung ein sehr gutes Arbeitsklima, aber es ist natürlich ein schmaler Grat. Man braucht Humor, man muss auf die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen. Ich bin kein „Halbgott in Weiß“ und jederzeit für mein Team und die Patienten da.
Sie sind auch den Patienten gegenüber dafür bekannt, sehr direkt zu sein und selbst mit einer unglücklichen Diagnose nicht hinterm Berg zu halten.
Natürlich ist es der heikelste Teil ärztlicher Kommunikation, schwerwiegende, vielleicht lebensbedrohliche Befunde zu vermitteln. Das geht nicht ohne ein hohes Maß an Empathie, um die Menschen nicht unvermittelt in Schock zu versetzen. Ich rede dabei meist nicht um den heißen Brei herum, sondern spreche sofort an, wenn die Diagnose ernst ist und dringender Handlungsbedarf besteht. Bis zur Therapieeinleitung vergehen dann höchstens drei bis fünf Tage. Das ist für die Patienten enorm hilfreich und beruhigend. Grundsätzlich jedoch gebe ich niemals eine Prognose ab, wie die Lebenserwartung ist. Ich bin ja nicht der liebe Gott. Es handelt sich um Menschen mit individuellen Krankheitsverläufen. Als ganz wichtig erachte ich es, bei schwerwiegenden Befunden, umgehend Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um den Patienten eine Perspektive und damit Lebensmut zu vermitteln.
Wenn Sie nach einem Arbeitstag am Abend heimkommen, können sie abschalten?
Ja kann ich. Ich trage nichts mit mir herum.
Wobei können Sie gut entspannen?
Der Fels in der Brandung ist meine Frau. Sie ist eine wunderbare Gesprächspartnerin, die mir hilft, nach einem stressigen Arbeitstag abzuschalten. Ich kompensiere ihn mit Sport. Ich bin leidenschaftlicher Mountain-Biker und Skifahrer, der jedoch auch ein hervorragendes Essen mit einem dazu passenden guten Glas Wein zu schätzen und zu genießen weiß. Außerdem bin ich Büchernarr, begeisterter Playstation-Spieler und leidenschaftlicher Musikfan.
Kurzvita
Christian Weik wurde in Freiburg im Breisgau geboren. 1985 Beginn des Medizinstudiums in Freiburg, 1992 Arbeitsbeginn an der Universitätsklinik Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie. Promotion 1993 (magna cum laude), seit 2000 im Augusta Krankenhaus in Düsseldorf tätig, zunächst als Oberarzt für Innere Medizin, ab 2003 als leitender Oberarzt, seit 2007 Chefarzt der Klinik für Innere Medizin.
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