Düsseldorfer Künstlerin Meral Alma: „Zirkus des Lebens“
Aktuell größtes Kunstwerk Deutschland nach Karlsruhe
Die beiden jeweils acht Meter breiten und über 3 Meter hohen Werke „Zirkus des Lebens“ von Meral Alma sind künftig an exponierter Stelle in Karlsruhe zu sehen, und zwar in den gerade neu erstellten beiden jeweils zwölfgeschossigen Bürokomplexen von 1&1 („Tor zur Stadt“) in der Nähe des Hauptbahnhofs. Dort werden sie in den Portalen auch von außen gut zu sehen sein – eine Vorbedingung der Künstlerin. Sie wollte, dass sie jederzeit auch von außen zu sehen sind.
Das zweiteilige Werk „Zirkus des Lebens – Promise“ – bei dem es sich um den vierten Teil eines größeren Werkzyklus handelt – birgt eine ganze Bildwelt, die sich vor dem staunenden Betrachter öffnet. Meral Alma erzählt hier das (Theater-)Stück des Lebens. Das Werk, das im Portal des Westgebäudes angebracht ist, hat keinen Mittelpunkt im klassischen Sinn. Stattdessen stellt es einen freien Assoziationsraum dar. Es öffnen sich Bildebenen um Bildebenen, die den Betrachter einladen, ebenfalls in diese neuartige und dennoch irgendwie vertraute Welt einzutreten. Die Figuren, die Umgebung, die Geschichten – alles ist in Bewegung und im Wandel begriffen, nichts ist statisch, geometrisch, gerade.
Der Gegenpart im Portal des Ostgebäudes scheint sowohl mit dem Betrachter als auch mit dem ihm gegenüberliegenden ersten Werkteil zu kommunizieren. Im Zentrum steht diesmal das Porträt einer Frau. Es könnte jede beliebige Frau sein; es könnte sogar – geschlechterübergreifend – jede nur erdenkliche Person sein. Das Motiv und seine künstlerische Umsetzung symbolisieren die Größe, den Mut, die Kraft und zugleich Anmut, die jeder Mensch in sich trägt. Die geschlossenen Augen spiegeln die Ruhe wider, die von der Figur ausgeht – ein Stück Gelassenheit und inneren Frieden.
Meral Alma verbindet mit dieser Arbeit erstmals eine im klassischen Medium der Malerei dargestellte Szenerie mit einer Lichtinstallation. Aufgrund der besonderen Arbeitsweise reagiert das Bild auf verschiedene Lichtfrequenzen. Die Künstlerin hat die Leinwand zusätzlich mit speziellen Farbpigmenten überarbeitet, welche bei der Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge im Dunkeln zu strahlen beginnen. Durch die extreme Leuchtkraft dieser Pigmente treten einzelne Bereiche in den Vordergrund und gewinnen zugleich an Plastizität, während andere Figuren, die zuvor bei Tageslicht eine starke Farbigkeit aufwiesen, in den Hintergrund treten und mit der schwarzen Bildfläche verschmelzen.
Zirkus des Lebens – 4. Akt (Teil 2), ca. 8m x 3,10m / © Foto: Barbara Schwarzer Fluoreszierende Farbe / © Foto: Barbara Schwarzer Nachtleuchtende Pigmente / © Foto: Barbara Schwarzer Sepia mit monochromer Lichtfrequenz / © Foto: Barbara Schwarzer
Selbst wenn das Licht im Raum vollständig ausgeschaltet ist, versinkt die Leinwand nicht wie erwartet in Schwärze, sondern es zeichnen sich Linien und Umrisse ab, die Meral Alma mit einem nachtleuchtenden Pigment auf die Leinwand aufgebracht hat. Es handelt sich um Pigmente, die sich bei Tageslicht aufgeladen haben und nun bei Dunkelheit ein grünes Licht verströmen, das erst langsam verblasst. Das Gemälde erscheint so plötzlich monochrom, skizzenhaft, entwickelt eine fast typographische Qualität. Es wirkt, als käme erst hinter der bei Licht dominanten Farbigkeit das von der Künstlerin intendierte Wesentliche der Arbeit zum Vorschein, die elementaren Charakteristika und Wesenheiten der Figuren, die uns alle mit ihnen verbinden.
Unter Einsatz einer monochromen Lichtfrequenz wird alles einschließlich des Betrachterraums und sogar des Betrachters hell, aber farblos. Als wäre plötzlich ein Sepia-Filter über die ganze Welt gelegt worden. Es fühlt sich ein bisschen an, wie eine Reise in die eigene Vergangenheit. Mit einer normalen Taschenlampe kann man aber die farbkräftigen Szenerien wieder sichtbar machen; wie lebendige Erinnerungen.
„Malerei bedeutet, Kräfte sichtbar zu machen. Dem widmet sich Meral Alma auf ihren Leinwänden nahezu in Ausschließlichkeit.“
Robert Fleck, Kunsthistoriker
Schichten übereinander gemalt, die untereinander durchscheinen und insgesamt ein dichtes,undurchdringliches Figurenfeld ergeben. Die Gesichter und Gestalten, die dabei entstehen,sind nicht beiläufig Vorbeikommende, sondern konkrete Menschen, die sie auf der Leinwand aufruft und zusammenführt. Deshalb berühren die Bilder auch so sehr. Jedes ihrer Bilder, selbst die Einzelportraits, bildet eine Menschenversammlung, eine Gemeinschaftsbildung, aus der eine neue Geschichte entsteht, die diese Versammlung überschreitet. Das Gesamtprojekt von Meral Alma nimmt sich als utopisch aus. Zum Glück bleibt sie stets auf dem Boden der malerischen Tatsachen.
© Titelfoto: Evelin Theisen
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