16. Juni 2020In Düsseldorf Journal

Serie: Familienleben hautnah in Zeiten von CORONA (1)

Logbuch des Mörsenbroicher Wegs

Teil 1: Basis einer auf Corona gelandeten Familie

von Caroline Merz

Gestern aus Pristina gelandet, höre ich zum ersten Mal nach 8 Tagen deutsches Radio. Was auf NTV geschrieben wurde, war im Kosovo weit weg. Doch plötzlich war sie da: CORONA. Übersetzt die Krone, Krönung oder der Kranz. 

In der Musik ist die Corona etwas Tolles, das Highlight einer Arie. Doch das hier? Das stellte alles in den Schatten. Ungläubig hörte ich zu. Haus nicht mehr verlassen, alles geschlossen, keinerlei Veranstaltungen mehr. Wörter wie Maskenpflicht und Desinfektionsmittel kannte ich nur aus dem Krankenhaus. Das war jetzt unser Alltag? Ungläubig starrte ich in meinen Kaffee. 

Plötzlich durchzuckte es mich, nur noch 10 Caps…. oh mein Gott….und wahrscheinlich kein Vorrat zu Hause! Barfuß rannte ich in den Keller, barfuß, mir war‘s egal. Kein Kaffee, vielleicht auch keine Nudeln und kein Reis mehr? 

Und so war es: sozusagen „ausgebombt“. Von oben krächzte eine Stimme: „Mama, was gibt‘s zu essen?“ Essen – was für eine Dramatik angesichts der leeren Kellerregale. Vanillezucker und Sahnesteif hatte ich 50 mal, aber die wichtigen Sachen – NIX! Mama! Der Weckruf eines verhungernden Sohnes fuhr mir durch Mark und Bein, meine Kinder! Ich sah bereits hungernde Kinder in meinen Betten liegen. Ich schleppte mich nach oben. Ich musste ihnen die Wahrheit sagen: eure Mutter hatte versagt! In der ersten wirklich lebensbedrohenden Krise. Keine Nudeln, kein Reis, nur Marmelade, Gurken, Sauerkraut und 10 Zuckerarten. Es war das Ende!

Oben sah ich meinen Sohn an der Kaffeemaschine. Nur noch 9 Caps! „Romeo, du trinkst doch gerne Tee, wieso machst du dir einen Kaffee?“ fragte ich nebenbei. „Ey Mama, spinnst du. Ist doch voll egal.“ Mein Sohn hatte die Tragweite seines Handels noch nicht erkannt. „Wir können nicht mehr raus, um Neuen zu kaufen“, wisperte ich. „Spinnst du jetzt oder was? Wir sind doch nicht im Kosovo.“ „Romeo, wir haben einen kompletten Lockdown. Nix mit einkaufen usw. und ich ohne Kaffee? Wie soll das gehen?“ Die Nudeln und anderes ließ ich geflissentlich weg. „Also Mama, dann sollten wir noch schnell in einen Supermarkt fahren.“

mellerud, , Serie: Familienleben hautnah in Zeiten von CORONA (1)

In 2 Minuten waren wir fertig. Nur Masken – woher sollten wir die denn nehmen? Da kam mir die zündende Idee. Beim Skifahren hatten wir doch solche mal gegen die Kälte gekauft – aber natürlich genau jetzt: wo war das Zeug!? Fieberhaft wühlten wir alles durch. Endlich, 30 Minuten später fanden wir sie. Wir sahen damit aus, wie für einen Überfall ausgerüstet … aber was soll‘s! Wir wollten überleben!

Auf dem Parkplatz vor unserem REWE gab‘s Krieg. Wir parkten in einer Seitenstraße und zogen in die Schlacht. KEINE Nudeln, KEIN Reis, KEINE Konserven. Alles leer. Zum Glück gab‘s noch Kaffee. Gleich 20 Päckchen wanderten in den Wagen. Und Tütensuppen, Knödel jeglicher Art, Ketchup und Majo, Chips und Schokolade, H-Milch und Obst. Alle letzten Püree-Päckchen und jede Menge Käse. An Pizza gab‘s nur noch die scheußliche, aber Überleben war alles. Auch 10 Magnum Eispakete wurden noch gehortet. 

Und dann an der Kasse kam eine Nachricht durch den Lautsprecher: Es gibt leider kein Toilettenpapier mehr und auch Küchenrollen sowie Reis und Nudeln können nicht mehr nachgeliefert werden!!! KLOPAPIER! Ich war doch eine gute Mutter. Hatte vor der Abreise noch eine 50iger Packung gekauft. Eine fast schon diebische Freude stieg in mir auf angesichts der enttäuschten Gesichter der anderen Sammler! Ich war raus aus der miserablen Lage!!!


Zu Teil 2

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