„Mit der richtigen Schere und dem richtigen Kamm kann man schon sehr weit kommen.”
Mareen Jasper, von Friseursalon Zweischneidig im Gespräch mit Thomas Majevszki
Nach längerer Suche, die nicht einfach war, haben wir in 2005 endlich ein Ladenlokal hier auf der Moltkestraße gefunden. Ich betreibe den Salon zusammen mit meiner Schwester Erika, sie ist Coloristin, schneidet aber auch, genauso, wie ich auch färbe. Der Laden ist ein bisschen freaky und viele Kunden sagen, es hätte Berliner Flair. Viele Kunden habe ich schon seit über 35 Jahren…
Ich habe meine ganzen Kunden mitgenommen. Meine Ausbildung habe ich bei Pierre gemacht, ehemals Image Hair Group. Und der Pierre war dann lange in Kapstadt, hat auch mit Vidal Sassoon zusammengearbeitet. Und wir haben dann zusammen viele Shows gemacht und auch Seminare gegeben, damals noch auf dem Wehrhahn, aber auch in London. Es waren wirklich tolle Shows, die es heute in der Form gar nicht mehr gibt. Das war so in den 80er/90ern. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht und war eine aufregende und spannende Zeit. Ich war auch sehr viel als Friseur-Trainerin beschäftigt und habe in der Zeit viele Seminare gegeben. Und dann irgendwann habe ich mir gedacht, vielleicht machst du dich ja mal selbstständig… Dann hatte ich auf der Hüttenstraße meinen ersten eigenen Salon mit Pierre als Kompagnon. Aber ich wollte mich irgendwie loslösen und hatte dann auf der Cornelius Straße meinen ersten ganz eigenen Laden. Naja, ich war jung und unerfahren und vieles hat nicht so geklappt, wie ich mir das vorgestellt hatte… Kurz: Der Laden war dann auch wieder weg und ich war wieder bei Pierre. Es war alles sehr schön und ich habe die Zeit sehr genossen, aber dann wollte ich aber doch unbedingt wieder selbstständig sein und so haben wir dann 2005 diesen Laden hier eröffnet und feiern nächstes Jahr unser 20-jähriges Jubiläum hier.
Abgesehen davon, dass Erika als Coloristin wirklich sehr individuell arbeitet und ich leidenschaftlich gerne schneide, also mit Leib und Seele dabei bin und wohl auch mit der Schere in der Hand sterben werde, ist es hier vor allem unser Wohnzimmer, in dem sich alle wohl fühlen. Viele Kunden kennen sich, teils schon lange oder sie lernen sich hier kennen und diese Atmosphäre ist schon etwas ganz besonderes.
Klar habe ich den noch! Also, ich geh immer wieder hin und sage zu meinen Kunden: „Komm, lass uns mal was anderes machen“. Heute zum Beispiel hatte ich einer Kundin eine sogenannte „Null Gradation“ geschnitten. Die meisten Friseure können einen richtigen Bob heute gar nicht mehr. Du hältst den Spiegel drunter und es sieht aus wie von einem Rasenmäher richtig akkurat geschnitten. Es gibt aber auch wenig Kunden, die das noch wollen. Die Kundin von heute hat dann gesagt, dass sie so einen akkuraten Schnitt in ihrem ganzen Leben noch nicht bekommen hätte. Gelernt ist eben gelernt. Ich habe sehr viel von Pierre mitgenommen, der selbst noch bei Vidal Sassoon gelernt hat. Haarschnitte wie in einen Firefly, einen Bob, Pagenkopf, oder einen Bubi-Kopf beherrschen heute nur noch die wenigsten Friseure. Mit der richtigen Schere und dem richtigen Kamm kann man schon sehr weit kommen.
Ja, das ist die Basis. Nur wer die Basis beherrscht, der beherrscht auch alle kreativen Schnitte, denn sie bauen darauf auf. Es ist dann immer wieder auch eine Herausforderung, wenn Kunden einen ganz klassischen Schnitt möchten, beispielsweise einen Firefly, den kaum noch jemand kennt und der sehr akkurat geschnitten werden muss.
Nein, das ist sie heute leider nicht mehr. Es hat sich da viel geändert. Als ich damals die Friseurausbildung gemacht habe, musste man Maniküre und Pediküre machen. In der Ausbildung zum Meister musste man ein Haarteil knüpfen, was man heute gar nicht mehr macht.
Make-up gehörte auch dazu. Ich glaube, die wenigsten Friseure können das heute noch.
Ich nehme es auch anders wahr, zum einen gibt es jetzt unheimlich viele „Barbiere“, die mit Kreativität und klassischen Schnitten natürlich rein gar nichts zu tun haben und die die Szene schon sehr prägen. Aber auch viele andere Salons haben stark an Kreativität eingebüßt, da die Ausbildung eben viel dürftiger ist als früher und vielen Friseuren deshalb einfach die handwerklichen Voraussetzungen fehlen. Dabei gibt es in Düsseldorf echt viele Friseure, ich meine es wären über 700… Viele davon, vor allem „Barbershops“, sind einfach nur billig. Es fehlt ihnen das Handwerk und oft auch die Ausbildung, weswegen sie meist einfach mit der Maschine arbeiten, nicht besonders kreativ sind, es sind ja auch meist Standardschnitte, und die Preise echt in den Keller ziehen. Die machen wirklich viel kaputt…
Ja, ich mache Hausbesuche. Aber nur, wenn alte Kunden von mir wirklich nicht mehr in den Laden kommen können, krankheits- oder altersbedingt. Viele Kunden kenne ich ja seit über 35 Jahren und wenn sie es nicht mehr zu mir schaffen, dann komme ich eben zu ihnen, das gehört für mich auch dazu.
Ich glaube, dass wir total kreativ waren als ich angefing. Wir haben alles ausprobiert, haben Zahnpastatuben genommen, haben dann die Dauerwelle damit gemacht. Und heute? Die Kreativität lässt nach, die Stylings sind inzwischen uniformer. Dieser Spirit der 80er, 90er Jahre, das war etwas komplett anderes. Da haben die Leute sich noch getraut, beim Styling etwas auszuprobieren, da war die Punkzeit, die Mods, die Teds, es war vom Styling her sehr vielfältig. Heute sind die Leute im Vergleich so angepasst und gleichförmig gestylt.