„Ich freue mich, dass mein Berufsbild so vielfältig ist"
Interview mit Ingo Nommsen - schreibender Journalist, Fernseh-Macher, Entertainer und Moderator
von Pina Coluccia
Der gebürtige Nürnberger ist seit 2000 der erfolgreichste Frühstücker Deutschlands („Volle Kanne“, ZDF). Auch bei vielen Shows lässt das Zweite den 1.93 Meter großen Bayern ran (unter anderem „Kult am Sonntag“, „ZDF Fernsehgarten“). Seine Karriere beginnt er als Schauspieler, Musiker und Radiomoderator. Zuletzt beim Kultprogramm des Bayerischen Rundfunks BAYERN 3. Dem studierten Diplom-Journalisten gelingt vor der Kamera der Spagat zwischen ernsthaften Gesprächen und lockerem Entertainment. Er begegnet selbst internationalen Stars auf Augenhöhe. Auch viele hochkarätige Events vertrauen heute auf ihn als Moderator (beispielsweise. der Bundespresseball, der Live Entertainment Award LEA oder der Kulturpreis Bayern). Außerdem steht er immer wieder auch mit Stars wie „The Boss Hoss“ oder „The Baseballs“ auf der Bühne. |
Wir kennen uns über meinen Mann Jean Pütz. Du hast ihm schon in der ZDF-Sendung „Volle Kanne“ auf den Zahn gefühlt und er ist beeindruckt von Dir. Das DJournal hat auch viele junge Leser, die gerne wissen möchten: Wie schafft man es, ein so bekannter und glaubwürdiger Journalist zu werden, wie Du einer bist?
Ich hatte als Kind immer Fernsehverbot. Dass ich jetzt im Fernsehen bin ist nur die Rache an meinen Eltern. Im Ernst: Nach der Sendung ist vor der Sendung, da musst Du Dir vieles jeden Tag von Neuem erarbeiten. Es hilft mir schon, dass mit den Jahren einiges an Erfahrung zusammen kommt: ob es das Schauspiel ist, das Volontariat beim Radio, die Arbeit für Zeitungen oder das Studium. Irgendwie passt das heute perfekt zusammen.
Aber dann musst Du all das Rüstzeug vor der Kamera doch wieder vergessen und entspannt mit Themen und Gästen umgehen. Eine eigene Meinung und der Mut auch zu unbequemen Fragen helfen da sehr. Livefernsehen ist auch Risiko, das Du gehen musst. Eine gute Truppe, die bei einer Sendung mithilft, ist super wichtig. Bei „Volle Kanne“ läuft das wie ein gut geölter Motor, den wir ständig weiter tunen.
Was die Bekanntheit angeht, auch da hilft Kontinuität. Allein für das ZDF habe ich hunderte von „Hallo Deutschland“-Ausgaben, über 1.700 „Volle Kanne“-Sendungen und rund 40 erfolgreiche Fernsehshows wie „Kult am Sonntag“ oder den „ZDF Fernsehgarten“ auf der Uhr. Heute sagen oft Menschen auf der Straße „Hallo“ und freuen sich. Das ist schön. Je mehr Menschen meine Arbeit mit Spaß sehen - umso besser. Sonst könnte ich ja auch alleine zu Hause moderieren.
Was bist Du lieber: schreibender Journalist, Fernseh-Macher oder Entertainer und Moderator?
Ich freue mich vor allem, dass mein Berufsbild so vielfältig ist. Allerdings macht mir die Arbeit als Showmaster neben „Volle Kanne“ schon am meisten Spaß. Wenn ich - wie beim Fernsehgarten - vor über 6.000 Menschen drei Stunden mit Lust und Laune Entertainment machen darf, ist das einfach ein super Gefühl. Genau das genieße ich auch bei den Events und Award-Verleihungen, die ich moderiere. Da kommt eine unglaubliche Energie vom Publikum zurück.
Als Fernseh-Moderator muss man die Menschen ja befragen, man muss sich in ihre Vorlieben reindenken, aber trotzdem ein Gesprächsziel verfolgen. Wie macht man das und wie bändigt man überaktive Gesprächspartner?
Ich muss in den Livesendungen sowieso oft spontan auf das reagieren, was passiert. Überaktive Gesprächspartner sind mir da die Liebsten. Je mehr einer erzählt - umso besser. Klar, einige musst Du dann auch vor sich selbst schützen. Die reden sich um Kopf und Kragen.
Die Gesprächsziele sind dabei so verschieden wie die Gäste. Das geht vom launigen Small-Talk, der – finde ich – vor der Kamera auch eine Herausforderung ist, bis hin zum intensiven Gespräch, das richtig tief gehen kann - und mich dann auch als Moderator mitnimmt. Wenn ein junger Soldat mir vom Krieg in Afghanistan erzählt oder Überlebende eines Flugzeugabsturzes ihre Erinnerungen schildern, beschreiben, wie das ihr Leben verändert hat, geht das nicht spurlos an Dir vorbei.
Was mich besonders freut, ist, dass immer mehr internationale Stars zu „Volle Kanne“ kommen, wie Status Quo oder Kim Wilde. In die war ich als Kind sehr verliebt. Doch, wie sie mir sagte, sie wusste von nichts.
Ein häufig gehörter Kritikpunkt ist auch „die reden zu schnell“. Da besonders „Volle Kanne“ vermutlich viele ältere Zuschauer hat, wäre das doch ein wichtiger, zu berücksichtigender Service.
Das Schöne: Unser Programm nutzen junge wie jung gebliebene ältere Zuschauer gern. In der letzten Umfrage waren wir gerade bei den interessanten Zielgruppen – wie den aktiv familienorientierten – weit über dem Senderschnitt. Mir ist wichtig, dass unsere Frühstücks-Show Tempo hat. Und ich will nicht beim Sprechen einschlafen. Dazu sollen natürlich alle mitbekommen, was gesagt wird. Bei unseren Zuschauern gelingt das glücklicherweise sehr gut.
Ist es schon einmal vorgekommen, dass dir jemand sehr unsympathisch war? Welchen Einfluss hat das auf ein Gespräch?
Ich nehme die Gäste wie sie kommen. Und die meisten kommen gern zu mir. Die wissen ja, dass sie dann gesehen werden und wollen gut rüberkommen. Außerdem schauen viele Stars und Promis selbst gerne von zu Hause aus zu, weil ja ihre Kollegen bei mir sitzen. Deshalb fühlt sich der größte Teil der Gäste sowieso an unserem Frühstückstisch fast wie zu Hause. Das ist in der Regel eine sehr entspannte Atmosphäre. Und gerade die Gäste, von denen Du vorher von allen Seiten hörst, das seien sogenannte „Problemgäste“, erweisen sich oft als die lockersten Gesprächspartner.
Wenn mir allerdings einer wirklich mal dumm kommt, dann komme ich auch dumm zurück. Das ist dann eine Herausforderung, die ich gern annehme.
Wo fühlst Du Dich zu Hause, ist Düsseldorf zu Deiner zweiten Heimat geworden?
Das Rheinland hat mich – den Bayern – sehr gut aufgenommen. Hat ja auch viel Ähnlichkeit mit meiner Wahlheimat München: Interessante angenehme Menschen – und Wasser. Was in München die Isar ist hier der Rhein. Auch wenn ich mein Traumhaus hier in der Düsseldorfer Ecke noch immer suche. Meine zweite Heimat ist es längst. Ich bin gern hier. Weil hier nun mal mein aktueller Arbeitsmittelpunkt ist und weil ich hier wunderbare Freunde gefunden habe.
Was hältst Du von der rheinischen Fröhlichkeit? Man könnte das auch Humor nennen. Bremst oder fördert Dich das in Deiner Arbeit?
Wie könnte einen Fröhlichkeit bremsen? Ich liebe diese positive Grundhaltung – da geht vieles leichter von der Hand. Privat wie im Job. Nur beim Karneval bin ich noch dabei, mich zurecht zu finden. Das ist hier ja doch eine ernstere Angelegenheit, als ich erwartet hätte. Fest steht: Feiern können die Düsseldorfer ganz ordentlich. Und zwar das ganze Jahr über!
Was hast Du für Pläne für die Zukunft? Einen Wunsch hast Du frei, zum Beispiel „Wetten dass …“ moderieren oder „Dschungelcamp“?
Beide Sendungen sind für einen Moderator super spannend. Beide haben die perfekten Zutaten für einen klasse Fernsehabend. Wobei es natürlich unterschiedliche Gerichte sind und Du bei Wetten dass...? sicher eher den Showmaster rauslassen kannst. Das ist die Show mit der ich - wie Millionen andere - groß geworden bin. Später habe ich sogar meine Diplomarbeit an der Münchner Uni darüber geschrieben. Schade, dass viele heute das Ende der Sendung gekommen sehen. Die Idee ist nach wie vor stark. Und ich glaube, das da weiter Potential drin steckt.
Mein nächstes persönliches Ziel ist, mich nach all den guten Erfahrungen auch dauerhaft im Showbereich zu etablieren. Das macht mir Spaß, das funktioniert – jetzt braucht es nur noch die passenden Konzepte. An einigen arbeiten wir gerade. Wichtig ist mir dabei ein guter Mix aus Stars, Spaß und gutem Entertainment.
Ansonsten warten in 2014 noch ein paar große Galas. Ich schreibe an einem eigenen Liveprogramm und setze auch andere Ideen außerhalb des Fernsehens um. Denn Fernsehen ist zum Glück nicht alles im Leben.
Kurzvita
Ingo Nommsen wurde 1971 in Nürnberg geboren. 2000 schloss er sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München als Diplom-Journalist ab. Seit 1994 Radio-, Fernseh- und Veranstaltungsmoderator. 1997 übernahm er Gastrollen in diversen Film- und Fernsehproduktionen, z.B. in „Marienhof“. Seit 2001 präsentiert er die ZDF-Morgensendung „Volle Kanne“.
Mein Leben in Malta
Malta ist der kleinste EU-Mitgliedsstaat und das dicht besiedelte Land Europas
von Dr. Stefanie Anzinger
Auf einem kleinen Felsarchipel im Mittelmeer, dessen Hauptinsel nur etwa 30 Kilometer lang und 15 Kilometer breit ist, drängt sich etwa eine halbe Million Menschen. Diese bilden eine interessante ethnische Mischung aus Nachkommen von Volksgruppen des Orients und des Okzidents, die sich hier in der jahrtausendealten Geschichte Maltas vermischten. Ebenso bunt präsentieren sich Kultur und Kulinarisches: italienische Feinkost findet sich ebenso häufig, wie typische Gerichte des Nahen Ostens auf der Speisekarte der vielen Restaurants in Malta. Gesprochen wird Englisch und Malti - eine semitische Sprache, die ihre Wurzeln wohl in der phönizischen Besiedlung Maltas hat und durch die vielen Lehnswörter aus dem Italienischen, dem Französischen und dem Englischen wie ein eigenartiger Kauderwelsch klingt. Besonders merkwürdig für Besucher einer der vielen Kirchen des stark katholischen Landes ist die Bezeichnung des katholischen Gottes als Allah. Das Tal heißt wie in vielen arabischen Ländern Wied und der Felsen Gebel, ein Auto ist ein Karozzin und zur Arbeit geht man ins Office oder die Factory.
Zurückzuführen ist dieser interessante kulturelle Mix auf die einmalige Lage der Insel. Das Archipel befindet sich zwischen Sizilien und Tunesien an einer der engsten Durchgangsstellen zwischen östlichem und westlichem Mittelmeer, was Malta eine unglaubliche strategische Bedeutung, verlieh. Kein Wunder also dass, wer das Mittelmeer beherrschen wollte, Malta beherrschen musste. So wechselten sich in den vergangenen sechstausend Jahren hier Phönizier, Karthager, Römer, Goten, Araber, Normannen, Staufer, Spanier, der Johanniterritterorden, Napoleon und die Briten als Herren der Inseln ab. Besondere Bedeutung erlangte Malta vor allem durch den katholischen Johanniterorden, auch Malteserorden genannt, der hier zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert sein militärisches und religiöses Zentrum hatte.
Die Hauptstadt Valletta, unter dem Orden als militärische Festung in einem der tiefsten Naturhäfen des Mittelmeers erbaut, zeugt noch heute mit unzähligen Palästen aus dieser Epoche von dem reichen Erbe des Ordens. Als „letzte Bastion der Christenheit“ im Kampf gegen die Muslime wurde der Malteserorden in der damaligen Zeit nicht nur von Papst und Kaiser, sondern von allen bedeutenden Herrscherhäusern Europas unterstützt. Sie schickten ihre Söhne in den Orden und ließen diesem großzügige Schenkungen zukommen. Leider wurde ein großer Teil des Reichtums später von Napoleons Truppen geplündert und viele der prächtigen Bauwerke fielen den Bomben des zweiten Weltkriegs zum Opfer, als Malta aufgrund seiner strategischen Position zum Flottenstützpunkt der Briten im Mittelmeer wurde.
Von den Zerstörungen merkt man der Hauptstadt Valletta heute kaum noch etwas an und es ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, hier durch die engen Gassen zu streifen, da man fast von überall einen wunderbaren Blick auf das Meer und die geschichtsträchtigen alten Paläste hat. Da Valletta ursprünglich vom Orden als Festungsstadt auf einer Halbinsel im Großen Hafen erbaut wurde, ähnelt die Anordnung der Straßen einer amerikanischen Stadt. Von hier hat man fantastische Ausblicke auf die umgebenden Städte, zum Teil altes Siedlungsgebiet wie die „Three Cities“, die heute eine wunderbare Kulisse vor dem Jachthafen werden und auch schon vielen Historienfilmen als Hintergrund dienten.
Auf der anderen Seite liegt Sliema und die daran angrenzenden modernen Städte. Einst bauten die Briten hier ihre Sommerresidenzen. Nach der Bombardierung siedelte sich dann die aus den zerstörten Städten geflohene Bevölkerung hier an. Leider sind hier die negativen Seiten des wirtschaftlichen Aufschwungs und der zum Teil rasanten Entwicklung Maltas besonders deutlich zu sehen. Vor allem die sogenannte „Seafront“, die dem Meer wie auch dem Hafen zugewandte Seite, besticht durch die Hässlichkeit der ausufernden und unstrukturierten Bausubstanz. Wo sich noch vor 50 Jahren traumhafte Stadtpaläste am offenen Meer aneinanderreihten, thronen nun architektonische Missgestalten verschiedener Jahrzehnte. Im Kontrast zu der stark bebauten Nordosthälfte der Insel steht dagegen glücklicherweise die noch teilweise - vor allem aufgrund der bis zu 200 Meter steil aufragender Felsklippen - unberührte Südküste. Hier erstreckt sich ein Wanderparadies. Allerdings muss man die Wege kennen, Markierungen gibt es keine. Dank der Voraussicht einiger naturverbundener Malteser gibt es zwischenzeitlich auch einige Naturschutzgebiete, in denen vor allem der Bodenerosion durch Neuanpflanzungen Einhalt geboten wird.
Wirtschaftlich haben die Malteser einiges auf die Beine gestellt. Die Inselökonomie floriert, und das, obwohl jegliche Bodenschätze fehlen. Die Insulaner bauen auf ihr althergebrachtes Kaufmannsgeschick. Mit britischer Hilfe wurden sofort nach dem Krieg die ersten Pläne zur wirtschaftlichen Entwicklung entworfen und schon bald in die Tat umgesetzt.
Mit Hilfe eines attraktiven Anreizpakets wurden Industriebetriebe angesiedelt, da man sich nicht allein auf die Entwicklung des Tourismus verlassen wollte. Der Textilindustrie aus dem europäischen Norden folgte sehr bal Elektronik- und IT-Industrie. Die vielen Flughäfen aus britischer Zeit wurden in Industriegebiete umgewandelt und die Werften und Trockendocks der Briten zivilen Auftraggebern geöffnet.
Heute floriert nicht nur Tourismus und Leichtindustrie, die Film-, IT-, Schiff und Luftfahrtindustrie sondern auch der Banken- und Finanzdienstleistungssektor. Darüber hinaus ist Malta nach dem Weltrisikobericht 2012 der UN das zweitsicherste Land der Welt.
Seit 1997 lebe ich mit Unterbrechungen immer wieder auf der Insel, wo ich mich sehr wohl fühle. Für mich ist Malta bis heute eine Insel der Kontraste. Tradition und Moderne, Bauwüsten und ländliche Idylle, Ausländer und Einheimische koexistieren harmonisch auf engstem Raum. Schön finde ich, dass ich eine lustige Mischung unterschiedlichster Nationalitäten zu meinen besten Freunden zählen kann, darunter auch viele Malteser. Da auf der Insel ein stetiges Kommen und Gehen herrscht, ist der Freundeskreis heute auch in alle Welt verteilt. Obwohl die Insel doch sehr klein ist und man auch manchmal wirklich den sprichwörtlichen Inselkoller bekommt, ist sie doch internationaler als manche deutsche Großstadt. So lebt die Tochter meines Mannes, die mehrere Monate in Malta verbringt, in einer bunt gemischten WG mit Asiaten, Lateinamerikanern und Europäern zusammen. Nach vielen Jahren sowohl in Malta wie auch in Deutschland fühle ich mich in beiden Ländern wohl, möchte aber das jeweils andere nicht missen.
In meiner jetzigen Tätigkeit habe ich den derzeit besten Kompromiss gefunden. So leite ich heute das Deutschlandbüro einer maltesischen Sprachschulgruppe, bestehend aus einer Sprachschule für Schüler und Studenten und einem Trainingsinstitut, das gemeinsam mit einem renommierten britischen Partner Sprach- und Kommunikationskurse sowie interkulturelle Trainings für Erwachsene anbietet. Meiner Meinung nach ist Malta dafür die perfekte Umgebung. Dies gibt mir die Möglichkeit, weder Deutschland noch Malta vermissen zu müssen.
Kurzvita
Stefanie Anzinger, Jahrgang 1968, Studium der Soziologie, Kommunikations- und Politikwissenschaften an der Universität Augsburg. Dort auch Promotion Dr. phil. (magna cum laude).
Malta lernte sie bereits während eines einjährigen Auslandsstudiums kennen.
Seit 1997 ist sie in Malta mit Unterbrechungen für verschiedene private und staatliche Unternehmen tätig. Seit 2013 leitet sie das Deutschlandbüro eti Malta
Mein Leben in Dubai
"Es gibt die kleinen und feinen Unterschiede, die das Leben hier zu etwas Besonderem machen"
von Tanya Bernthaler
Dubai, wer das hört bekommt große Augen. Die Stadt der Superlative - die größte Mall - der höchste Turm - das höchste Hotel - die meisten Expats (befristet im Ausland lebend) in Relation zur einheimischen Bevölkerung - die Liste ließe sich endlos weiterführen. Eine Stadt die Tag und Nacht lebt,
in der man an jeder Ecke auf verschiedenste Nationalitäten, Sprachen und Kulturen trifft.
Als vierköpfige Familie zogen wir im Januar 2008 nach Dubai. Unsere Neugier und Freude waren gleichermaßen groß. Mein Mann kannte die Region schon sehr gut und war von Anfang an sicher, dass der Umzug von Stuttgart nach Dubai für uns als Familie nur positiv und bereichernd sein würde - was bis zum heutigen Tag auch so ist. Unsere Kinder haben wir in die Deutsche Internationale Schule eingeschrieben, damit sie bei der eventuellen Rückkehr nach Deutschland problemlos eingegliedert werden können.
Zudem war die „deutsche“ Umgebung zu Anfang eine große Hilfe für unsere Kinder, um sich an ihre neue Stadt zu gewöhnen. Natürlich gibt es an der Schule ein ständiges Kommen und Gehen, da die Mehrheit der Schüler auch aus Expatfamilien stammt.
Die Kinder genießen eine „deutsche“ Erziehung und lernen nebenbei Arabisch, damit sie ein wenig Lesen und Schreiben können und ein Gefühl für die fremde Kultur bekommen. Englisch sprechen beide inzwischen fließend, da der Alltag in den Emiraten in englischer Sprache abläuft.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE ) leben nach neuesten Schätzungen circa acht Millionen Menschen. Die große Minderheit sind die Emiratis (circa 1,5 Millionen), der Rest ist eine kunterbunte Mischung aus Menschen aller Herren Länder. Obwohl Abu Dhabi die Hauptstadt der VAE ist, leben die meisten Menschen in Dubai, denn hier schlägt der Puls des Landes.
Mit Beginn des arabischen Frühlings erholte sich Dubai nach relativ kurzer Krisenzeit (2009/2010) in atemberaubendem Tempo. Von Immobilienkrise kein Spur mehr - im Gegenteil: Die Miet- und Verkaufspreise steigen und alte wie auch neue Infrastrukturprojekte wurden wieder ins Leben gerufen.
Auch wir merken das im Alltag: Die Geschäfte meines Mannes, der in der Automobilbranche tätig ist, gehen seit Mitte 2011 steil bergauf. Die Einkaufszentren und Restaurants sind so verstopft, wie die Straßen und der Flughafen platzt trotz Ausbau aus allen Nähten. Dubai durchbrach 2012 zum ersten Mal die magische Zahl von 10 Millionen Touristen. Und das soll erst der Anfang sein, denn man hat sich als Ausrichter der Expo 2020 beworben.
Dubai ist übrigens einer der sichersten Orte weltweit. Kriminalität gibt es praktisch nicht. Von Einbrüchen oder Diebstahl hört man ganz selten. Grund dafür sind unseres Erachtens die drakonischen
Strafen, die nicht selten im Gefängnis enden. Verbunden damit ist die Deportation und die Tatsache, nie wieder in die VAE einreisen zu dürfen. Da wir bereits in Städten wir Mexiko und Miami gelebt haben, schätzen wir diese Sicherheit ganz besonders.
Im Grunde genommen läuft jedoch der Alltag genauso ab, wie in Deutschland oder anderswo. Die Kinder besuchen fünf Tage die Woche die Schule (mit dem Unterschied, dass die Arbeitswoche hier Sonntags beginnt und Donnerstags endet). Die Nachmittage sind gefüllt mit Hausaufgaben und den sportlichen Aktivitäten. Unsere Tochter Sophia geht in die rhythmische Sportgymnastik sowie zum HipHop. Unser Sohn spielt bei dem lokalen Fußballverein Al Wasl, wobei er neben dem Sport noch Arabisch lernt, da seine Mannschaftskameraden allesamt Emiratis sind. Mein Mann geht seinem Beruf nach und ist - wie auch schon in Deutschland oder den USA - fünf bis sechs Tage die Woche voll eingespannt.
Info: Dubai
Dubai ist eines der sieben Arabischen Emirate am Persischen Golf, deren Hauptstadt Abu Dhabi ist. Mit derzeit etwa 2,1 Millionen Einwohnern ist Dubai die größte Stadt der Emirate. Im Norden grenzt sie an das Emirat Sharjah, im Süden an das mit Abstand größte und reichste Emirat Abu Dhabi. |
Für mich bleibt dann noch die Organisation dieses kleinen Familienunternehmens. Meine Tätigkeiten erstrecken sich über Chauffeursdienste meiner Kinder zur Schule, zu Freunden oder den verschiedenen Freizeitaktivitäten, den Haushalt sowie die allgemeine Organisation der anfallenden Probleme um unser Haus. Deutsches Handwerkertum sucht man fast vergeblich. Da ist es oft besser, selbst Hand anzulegen. Abends vereint sich die Familie dann um den Esstisch und man reflektiert den vergangenen Tag.
Es gibt jedoch die kleinen und feinen Unterschiede, die das Leben hier zu etwas Besonderem machen. Da ist zum einen das ständig gute Wetter. Die Sonne scheint 365 Tage im Jahr und von Oktober bis Mitte Mai frühstücken wir sieben Tage die Woche im Garten. Wir brauchen weder Regenkleidung noch warme Sachen. Die sommerlichen Temperaturen liegen nachts selten unter 35 Grad und steigen tagsüber gerne über 45 Grad. Wir vermissen aber die trüben Frühlings- und Herbsttage in Deutschland nicht, sondern wir haben uns an diese Hitze gewöhnt. Unsere Wochenenden sind schon lange im voraus verplant. Am beliebtesten sind die Ausflüge in die Wüste. Wir fahren zuerst eine Stunde mit den Quads durch den Sand, setzen uns dann an eine schattige Stelle und genießen die Landschaft bei einem leckeren Barbecue. Allerdings ohne Alkohol, denn zum einen gibt es die Nullpromilleregel und zum anderen liegt unser Ausflugsplatz im Nachbaremirat Sharjah, das als „trockenes“ Emirat bekannt ist.
Wenn wir nicht in die Wüste fahren, gehen wir an den Strand oder wir fahren Ski in SkiDubai in der Mall of the Emirates – oder manchmal sogar beides an einem Tag. Ist Besuch aus Deutschland da - was öfter der Fall ist - ziehen wir auch gerne durch die Stadt. Ein Besuch in der Dubaimall (größtes Einkaufszentrum Asiens und Europas) mit Ausflug auf den Burj Khalifa - die Aussichtsplatte liegt in circa 450 Metern Höhe - ist ebenso Pflicht, wie eine Fahrt auf einer alten Dow im Dubai Creek mit anschließendem Rundgang über den Gold- und Gemüsemarkt. Hier kann man auf typisch arabische Art sein Verhandlungsgeschick unter Beweis stellen, um Dinge zu erwerben, die man eigentlich gar nicht braucht. Ach ja, und wenn man dann noch Lust hat auf eine Runde Schlittschuhlaufen oder Tauchen im Aquarium, fährt man einfach noch mal zurück in die Dubaimall.
Den Tag kann man dann bei einem sehr guten und auch teuren Abendessen rund um die Dubai Fountain beschließen - wahrscheinlich die größten, höchsten und nassesten Wasserspiele der Welt. Dubai ist definitiv eine Stadt der Superlative, fast schon ein bisschen wie Disneyland. Trotzdem ist das Leben eine große Herausforderung. Aber eines ist einmalig: Die große Vision der Herrscher und die meist unbürokratische Umsetzung der zum Teil verrückten Pläne machen das Land und diese Stadt so einzigartig.
Wer noch nicht in Dubai war, sollte die nächste Gelegenheit nutzen, es zu besuchen. Und wer schon hier war und wiederkommt, wird eine veränderte Stadt vorfinden. Denn die einzige Konstante ist der ständige Wechsel der Menschen und die baulichen Veränderungen der Stadt - alles im Einklang mit der Vision des Herrschers von Dubai, Sheikh Mohamed bin Rashid al Maktoum.
Kurzvita
Tanya Bernthaler wurde 1969 in Mexiko geboren. Sie ist gelernte Industriekauffrau.
Seit 1995 ist sie verheiratet und Mutter zweier Kinder.
Seit fünf Jahren lebt sie mit ihrer Familie in Dubai.