Auf Schleichwegen von Brüssel nach Düsseldorf
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir beim Ständehaus Treff
Nach Bundeskanzler, Wirtschaftsminister und Finanzminister kam nun Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am Montagabend zum ersten Ständehaus Treff in 2024 direkt aus dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel nach Düsseldorf. Wütende Bauern versperrten dem Minister mit Straßenblockaden durch Trecker-Kolonnen den Weg, sodass er auf Schleichwegen mit Hilfe der Polizei nach Düsseldorf kam.
Hier wurde er von RP Chefredakteur Moritz Döbler freundlich begrüßt und antwortete auf Fragen rund um die Themen „Agrarwirtschaft“, „Persönliches“ und „Bundespolitik“ vor vollbesetztem Hause im Düsseldorfer Ständehaus.
Ja, man hatte sich auch kulinarisch auf den Bundeswirtschaftsminister als bekennendem Vegetarier eingestellt. Die Menü-Auswahl: Rheinische Maultasche, Schnittlauchrahm, Linsenköfte & gegrillter Blumenkohl an Gemüsestroh. Danach Rote Bete in Ayran geschmort, Erbsen-Minz-Stampf & Birnenkompott, Vanillemöhren & Petersilienpüree, gebratene Kräuterseitlinge und goldene Milch. Als Dessert gab es Mousse von der Baum-Hasel und Zitronensorbet. Kompliment an die Küche des GCS Catering Services auch von einem Nicht-Vegetarier!
„Ich hätte aber auch nicht gedacht, dass ich mal der Landwirtschaftsminister bin, der das meiste Geld für die Schweinehaltung mobilisiert.”
Thematisiert wurden die Bauernproteste auch in Brüssel. Hier kam ein „Ja“ zu friedlichen Protesten in einer Demokratie, aber auch eine strikte Ablehnung zu Angriffen auf Polizisten und Ordnungshüter, wie in Brüssel geschehen. Gewalt habe in der politischen Auseinandersetzung nichts zu suchen.
Selbstkritisch ging Özdemir mit der Regierung ins Gericht. „Hier wurden Fehler gemacht, die nicht hätten passieren dürfen. Zum Beispiel beim Thema ‚Agrardiesel‘, denn hier hätte man vorher diskutieren müssen, nicht erst nach den Protesten. Auch der Zeitpunkt der Reaktion kam viel zu spät. Es war nicht schlau, sich mit den Korrekturen so lange Zeit zu lassen. Hier hätte man nach dem Verfassungsgerichtsurteil zeigen müssen, dass man in der Ampel den Haushalt zügig hinbekäme.
Mit einem Seitenhieb auf Robert Habeck streifte er auch die Energiepolitik der eigenen Regierung und stellte in Frage, ob das wohl so eine gute Idee gewesen sei, nach der Schließung der Nord-Stream Pipelines auch noch aus der Atomkraft auszusteigen. Auch beim Heizungsgesetz habe die Ampel geglaubt, ein Gesetz ohne die Bereitschaft der Gesellschaft einbringen zu können; man müsse die Bürger mitnehmen. Dafür hätten die Grünen einen hohen Preis gezahlt.
Komplimente erteilte er an die schwarz-grüne Regierung in NRW: „Hier können wir uns im Bund eine Scheibe abschneiden, wie geräuschlos hier gearbeitet wird.“ Mona Neubauer, die im Publikum saß, war sichtbar erfreut.
Alles geht nur in der Politik mit der Bevölkerung und nicht gegen sie; der Minister appellierte an die Zuhörer, auch selbst aktiv etwas für das Tierwohl zu tun, sodass Landwirte von ihren Produkten leben könnten. Qualität statt Quantität – es sollten nicht alle Vegetarier werden.
Özdemir: „Ich hätte aber auch nicht gedacht, dass ich mal der Landwirtschaftsminister bin, der das meiste Geld für die Schweinehaltung mobilisiert.“
Wir leben in einer schwierigen Zeit und da sollten Regierung und Opposition nicht gegeneinander, sondern zum Wohle des Landes miteinander nach Lösungen suchen. Gemeinwohl sollte vor Parteiwohl stehen.
Mit einem Kompliment an Düsseldorf schloss der Minister: „Hier gibt es eine großartige Musikband (Campino saß im Publikum), einen guten Fußballverein und coole Leute.“