27. Februar 2019In 2019/1

„Wir Jonges arbeiten konstruktiv, aber auch kritisch, mit den Spitzen der Stadt und der Region zusammen“

Interview mit Wolfgang Rolshoven, Baas des Heimatvereins Düsseldorfer Jonges e.V.


von Dr. Siegmar Rothstein

Sie wurden im November 2012 zum Präsidenten – genannt Baas – der Düsseldorfer Jonges gewählt in einer für den Verein schweren Zeit, nachdem Ihr Vorgänger und der gesamte Vorstand wegen interner Meinungsverschiedenheiten zurückgetreten waren. „Versöhnen statt spalten“ lautet Ihr Motto. Waren und sind Sie erfolgreich, den Verein wieder in die gewohnt harmonische Spur zu bringen?

Wir sind mit dem Wahlspruch angetreten: Mehr wir, weniger ich. Als komplett neues 7-köpfiges Vorstandsteam sind wir gewählt worden und wurden ins kalte Wasser geworfen. Unser erstes Ziel war, die 51 Tischgemeinschaften wieder zu vereinen. Dies ist uns gelungen. Es herrscht wieder Einigkeit und Harmonie im Verein, wobei kontroverse, konstruktive Diskussionen erwünscht sind. Wir haben inzwischen auch die kaufmännische und technische Verwaltung reorganisiert und ein digitales Dokumentmanagement geschaffen, so wird zur Zeit vorrangig das Archiv digitalisiert. Außerdem haben wir eine hervorragende IT-Gruppe und sind im Jonges-Haus technisch bestens ausgestattet. Unser zweites Ziel war, unser Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit zu verbessern, welches durch die Vorstandskrise sehr gelitten hatte. Wir haben ein professionelles Redaktionsteam gegründet und mit unserem Magazin „Das Tor“, einer neuen Homepage, Blogs, einem Newsletter sowie Aktivitäten in den sozialen Netzwerken Instrumente für eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit geschaffen.

Dem früheren Bundespräsidenten Walter Scheel wird das Wort zugeschrieben: „An den Düsseldorfer Jonges kommt keiner vorbei“. Dem Verein wird damit ein sehr hoher Stellenwert zuerkannt. Wird die Stimme des Vereins auch bei maßgebenden Personen in Stadt und Land gehört und beachtet?

Wir sind uns der großen Verantwortung bewusst und arbeiten konstruktiv aber auch kritisch mit den Spitzen der Stadt und der Region zusammen. Wenn etwas nach unserer Auffassung in der Stadt aus dem Ruder läuft, erheben wir unsere Stimme. Beispielhaft erwähne ich den Streit um unsere Gaslaternen, um die uns viele Städte beneiden. Wir kämpfen zusammen mit vielen Initiativen für den Erhalt und damit gegen den von der Stadtverwaltung geplanten Austausch gegen LED-Lampen. Inzwischen sind wir optimistisch, dass viele der 14.000 Gaslaternen erhalten bleiben. 

Unsere Vorgänger im Vorstand hatten sich mit Erfolg dafür eingesetzt, dass das Ständehaus nicht umgebaut und der Landtag am Rhein neu gebaut wurde. Wir waren auch gewissermaßen die ersten „Grünen“ in den 50er- und 60er-Jahren, als wir uns gegen die Zerstückelung unseres Hofgartens und der Landskrone gewehrt haben. Damals haben wir einen Protestmarsch – heute würde man sagen eine Demo – organisiert, an der 10.000 Bürgerinnen und Bürger sowie andere Heimatvereine beteiligt waren. Der Hofgarten wurde im vollen Umfange erhalten und unter Denkmal- und Naturschutz gestellt.

Werden die Jonges auch sonst nur positiv beurteilt oder werden sie auch gelegentlich kritisch gesehen?

Natürlich werden wir auch kritisiert. Konstruktive Kritik ist uns sehr wichtig, denn hieraus lässt sich viel Gutes gestalten und aufbauen. Wenn man in der Öffentlichkeit steht, bleibt die Kritik nicht aus, das sollte man aushalten können, sonst ist man fehl am Platz. Wenn man etwas bewegen möchte, kann man nicht immer der Freund aller sein.

Was sind jetzt die wichtigsten Anliegen, wie werden die Jonges aktiv?

Stadtbild- und Denkmalpflege stehen an erster Stelle. Ich nenne einige Beispiele: 

2012 sah der Bebauungsplan am Kö-Bogen vor, dass der Gustav-Gründgens-Platz zugebaut werden sollte. Wir haben 2013 den Anstoß gegeben, dass eine Sichtachse zum Schauspielhaus bestehen bleiben muss. So ist der Kö-Bogen 2 entstanden. 

Wir haben in den letzten 87 Jahren der Stadt über 85 Denkmäler, Skulpturen und Gedenktafeln geschenkt, wobei unsere Tischgemeinschaften auch die Patenschaften zur Pflege übernommen haben. Das letzte große mit dem Namen der Jonges verbundene Denkmal war 2017 das der Mutter Ey auf dem Mutter Ey-Platz an der Mühlenstraße. In der Planung ist ein Köbes-Denkmal auf dem Bolker Stern sowie Gedenktafeln für Dr. Mooren, den berühmten Augenarzt, sowie für die Komponisten Carl Hütten und Karl Robert Kreiten. Wir setzen uns auch dafür ein, dass vier Plätze in Düsseldorf nach den Düsseldorfer Jonges, dem Hoppeditz, Fortuna Düsseldorf und Borussia Düsseldorf benannt werden. Stolz sind wir auch auf unser Projekt „Sturm Ela“, denn wir haben 160 neue Bäume gepflanzt. Darüber hinaus verfolgen wir soziale Projekte. Gemeinsam mit anderen Partnern kümmern wir uns um Kinder im Alter von 12-17 Jahren, die ohne Begleitung zu uns gekommen sind. Ihnen wurde ein professionelles Training im Fußball und Tischtennis ermöglicht. Sie werden eingekleidet, verpflegt, lernen Disziplin, Fairplay und vor allem die deutsche Sprache. Wir unterstützen jedes Jahr mit einem Betrag von 25.000 Euro zehn gemeinnützige Organisationen, wobei wir im Einzelnen verfolgen, was mit dem Geld geschieht. 

Weiterhin werden von uns regelmäßig Förderpreise für Musik, Wissenschaft und Architektur, neuerdings auch im Handwerk, verliehen.

Die Düsseldorfer Jonges sehen sich als größter und aktivster Heimatverein Europas mit nahezu 3.000 Mitgliedern. Fast alle Berufe sind in der Mitgliederliste zu finden. Der Verein hat offenbar eine große Anziehungskraft. Worauf ist dies zurück zu führen?

Über 288 Berufe sind bei uns vertreten: Arbeiter, Geschäftsführer, Handwerker, Wissenschaftler, Künstler, Freiberufler und Politiker. Wir sind ein repräsentativer Querschnitt der männlichen Bevölkerung in dieser Region und haben inzwischen mehr als 3.000 Mitglieder.  Man muss aber nicht in Düsseldorf geboren sein, um Heimatfreund zu werden. Unser Ziel war es, Menschen aus allen Ländern und Religionsgemeinschaften, die einen Bezug zu unserer Heimatstadt haben, zu integrieren. Dies ist uns gelungen. Jeder, der unsere Ziele anerkennt und sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt, ist bei uns willkommen. Diese Einstellung und Zielsetzung motiviert, bei uns Mitglied zu werden – mal ganz abgesehen davon, dass man bei uns Freunde finden kann.

Führt die Mitgliedschaft auch zu wirtschaftlichen Kontakten?

Das Ziel, durch den Beitritt zu den Düsseldorfer Jonges wirtschaftliche Kontakte zu bekommen, steht nicht im Vordergrund, wenn wir uns natürlich auch wechselseitig helfen und lieber einen Heimatfreund beauftragen, bevor wir jemanden in den Gelben Seiten suchen.

Vereine beklagen oft, dass ihnen der Nachwuchs fehlt. Das gilt insbesondere für Jüngere. Die Düsseldorfer Jonges haben in den letzten Jahren steigende Mitgliederzahlen erzielt. Womit überzeugen Sie gerade die Jüngeren, Mitglied zu werden?

Unser jüngstes Mitglied ist 16 Jahre alt und unser ältestes Mitglied 101 Jahre. Das hat natürlich Einfluss auf unsere Programmgestaltung. Wir haben unsere Heimatabende (jeden Dienstag in der Altstadt mit 500 Jonges im Schnitt) verjüngt. Jung ist natürlich relativ. Das Durchschnittsalter bei den neuen Mitgliedern liegt bei 49 Jahren.

Die Düsseldorfer Jonges sind eine reine Männergesellschaft. Sie nehmen keine Frauen auf. Wie begegnen Sie dem Vorwurf, dies sei nicht zeitgemäß oder gar altmodisch?

Es gibt neben gemischten Vereinen in Düsseldorf Vereine, die nur Männer aufnehmen, andererseits solche, die sich nur für Frauen öffnen (Weiter, Soroptimisten, Akademikerinnenvereine, Medici Kunst- und Kulturverein). Bemerkenswert ist, dass die Frauenvereine deswegen nicht kritisiert werden, sondern nur die Männervereine. Es gibt natürlich auch bei uns Veranstaltungen, bei denen Frauen anwesend sind. Es muss aber doch möglich sein und toleriert werden, dass sich Männer ebenso wie Frauen getrennt treffen und Kontakte pflegen.

Pflegen die Jonges auch Kontakte zu Bereichen außerhalb Düsseldorfs?

Wir pflegen Kontakte zu den Neusser Heimatfreunden, den Ratinger Jonges, dem Krefelder Heimatverein, den Derendorfer Jonges und vielen Stadtteilvereinen sowie zum Verein Pro Ruhrgebiet in Essen. Diese Kontakte führen zu einem sehr fruchtbaren Gedankenaustausch.

Sie haben als Baas ein anspruchsvolles und sicher auch zeitaufwändiges Ehrenamt. Wie darf man sich Ihre Tätigkeit vorstellen?

2018 war ich – wie wir kürzlich einmal aufgeschlüsselt haben – über 60 Stunden pro Woche tätig. Meist fahre ich gegen 9 Uhr ins Büro und bleibe bis 18 Uhr, nehme tagsüber Termine wahr und abends kommen Abendveranstaltungen dazu, bei denen der Verein präsent sein sollte. Ich führe viele Gespräche innerhalb der Stadt. Zur Zeit kämpfe ich gegen den wieder erstarkten Antisemitismus sowie für bezahlbaren Wohnraum in Düsseldorf. Dies sind Themen, die eskalieren können. Hier muss der Verein frühzeitig Stellung beziehen. Das macht viel Arbeit, bringt aber auch viel Freude, da etwas bewegt wird, sonst würde ich das Amt nicht ausüben. Zur Zeit versuche ich allerdings, den Sonntag ohne Verpflichtungen zu gestalten. Leider ist es mir noch nicht ganz gelungen, aber ich arbeite daran.


Kurzvita

Wolfgang RolshovenWolfgang Rolshoven wurde 1945 geboren. Nach Abschluss des Bankbetriebsstudiums Tätigkeiten in leitender Funktion bei verschiedenen Kreditinstituten, 15 Jahre Mitglied des Vorstandes eines Regionalbank, seit 2011 Bankdirektor i.R.. Rolshoven war und ist ehrenamtlich äußerst aktiv: Landesvorsitzender der Wirtschaftsjunioren von NRW, Handelsrichter am Landesgericht Düsseldorf, Mitglied des Bildungsausschusses DIHT Bonn und des Kreditwirtschaftlichen Ausschusses der IHK zu Düsseldorf. Seit 1982 Mitglied des Heimatvereins Düsseldorfer Jonges e.V., Tischbaas der TG Wirtschaft von 2004 bis 2012, seit 13. November 2012 Baas des Heimatvereins Düsseldorfer Jonges e.V.. Mitgliedschaften im Industrie-Club und Rochus-Club. Rolshoven hat 4 Kinder, ist begeisterter Tennisspieler und Läufer (unter anderem 11 Marathonläufe).


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