„Meine Hauptaufgabe als Honorarkonsul ist es, Deutschland und die Community hierzulande zu verbinden„
Interview mit Till Weber, Professor für Deutsche Sprache und Kultur an der Ryukyu-Universität und Honorarkonsul
von Dr. Susan Tuchel
Sie sind nicht nur Professor an der hiesigen Universität in Nishihara sondern seit sieben Jahren auch deutscher Honorarkonsul in Okinawa. Wie viele Deutsche leben hier? Was sind Ihre Aufgaben als Honorarkonsul?
Meistens leben rund 100 Deutsche hier in der Präfektur. Es gibt eine Okinawanisch-Deutsche Gesellschaft, bei der viele mitmachen. Meine Hauptaufgabe als Honorarkonsul ist es, Deutschland und die Community hierzulande zu verbinden. Aber auch wenn ein Deutscher seinen Pass verliert oder im Gefängnis sitzt, kümmere ich mich. Ich betreue deutsche Journalistengruppen, begleite Delegationen und mache Bildungsveranstaltungen.
Im Juli wurde in Ginoza das Stück „Rheinbilder“ aufgeführt, ein Projekt von Prof. Claus Franke, bei dem mit Musik, Dichtung, Drama und Tanz ein Stück deutscher Kultur und Geschichte nach Okinawa gebracht wurde. „Warum ist es am Rhein so schön?“ zog sich wie ein roter Faden durch den Abend. Wie kamen die Gedichte von Clemens Brentano, Heinrich Heine und Karoline von Günderrode und die Musik von Robert Schumann, Richard Strauss und Johannes Brahms beim japanischen Publikum an?
Beide Abende waren ausverkauft und das Publikum war begeistert. Die Aufführung war mit der Fachtagung deutscher Hochschullehrer über „Studienreisen nach Deutschland“ verknüpft. Beide Veranstaltungen wurden vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) unterstützt. Sie sind gelungene Beispiele für die Verbindung von Wissenschaft und Kunst und tragen dazu bei, transkulturelle Bande zu knüpfen und zu verstärken.
Tourismus ist in Okinawa Wirtschaftsfaktor Nummer eins. Wie sieht es mit Touristen aus Deutschland aus?
Noch sind es zu 75 Prozent Japaner, die in Okinawa ihren Urlaub verbringen, gefolgt von Taiwanesen, Koreanern und Chinesen. Aber auch die Zahl der westlichen Besucher steigt. Mittlerweile sind es einige Tausend Deutsche pro Jahr. Denn hier kann man baden, tauchen, schnorcheln und gut essen. Auch die Kultur kommt nicht zu kurz. Für den so genannten Eco-Tourismus bietet sich der dünn besiedelte Norden der Insel mit seinen dichten Mangrovenwäldern an. Okinawa mit seiner subtropischen Natur gilt als das Galapagos des Ostens. Als Reisezeit empfehle ich Oktober bis April.
86 Jahre beträgt die Lebenserwartung einer Bewohnerin der japanischen Okinawa-Inseln, Männer werden im Schnitt 78 Jahre. Nirgendwo auf der Welt werden Menschen älter. Neben Umwelteinflüssen und genetischen Faktoren haben Forscher vor allem die Ernährungsgewohnheiten als Grund ausgemacht. Was ist dran am Mythos?
Es gibt sie noch, die alten Frauen auf kleinen Inseln im Norden. Ansonsten haben die Einwohner mit dem Sprung von der Agrar- in die Dienstleistungsgesellschaft auch ihre Essensgewohnheiten geändert. Es gibt im modernen Arbeitsalltag kaum Zeit für ein ausgedehntes Mittagessen. Die mitgebrachten Mahlzeitenmüssen haltbar sein und darum nimmt der Anteil an Frittiertem deutlich zu. Der Mythos bröckelt, wie die neuen Demografiezahlen belegen.
Aus Deutschland kommt die Nachricht über ein neues Handelsabkommen. Was bedeutet die Aufhebung der Wirtschaftszölle für die Japaner und die hier lebenden Deutschen?
Dass zum Beispiel Käse und Wein deutlich günstiger werden, was für den Endverbraucher natürlich sehr zu begrüßen ist.
Kurzvita
Till Weber ist Professor für Deutsche Sprache und Kultur an der Ryukyu-Universität und Honorarkonsul . Er lebt seit 1998 auf Okinawa, bekannt als „Insel der Hundertjährigen“
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