7. August 2018In 2018/3

Japan: Shinkansen, Skycraper, Shinto und Sushi

Unterwegs im Land der aufgehenden Sonne


von Dr. Susan Tuchel

Hin und wieder grüßt der Fuji-san. Zum Beispiel, wenn man mit dem japanischen Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen von Tokio nach Kyoto braust oder wenn der Vulkan mit seinen 3.776 Metern beim Blick aus dem Flugzeugfenster durch die Wolkendecke lugt. Der Fuji-san gehört zu Japan wie die Königsallee zu Düsseldorf. Doch während es ein Leichtes ist, über die Kö zu schlendern, nehmen nur wenige Pilger und Wanderer während der sechs eisfreien Wochen die Mühen des Aufstiegs auf den heiligen Berg auf sich. 

Die Fahrt mit dem Shinkansen hebt sich von Erfahrungen mit der Deutschen Bahn ab. Seine Pünktlichkeit ist international konkurrenzlos. Sämtliche Shinkansen-Züge erreichen pro Tag zusammengerechnet eine Verspätung von weniger als fünf Minuten. Die Zugbegleiter schreiten zu Recht mit einem Lächeln auf den Lippen an den Passagieren vorbei, drehen sich am Ende des Wagens um und verneigen sich höflich vor den Fahrgästen – jedes Mal. Aber auch der normale ÖPNV ist beispielhaft: Millionen Menschen werden im Minutentakt befördert. Verspätungen und technische Störungen: Fehlanzeige.

Tokio

Die Megacity mit 9,5 Millionen Einwohnern und rund 100 Wolkenkratzern wirkt auf den ersten Blick nicht unbedingt einladend. Auf den zweiten Blick fällt auf, wie überraschend wenig Autoverkehr es in dieser Stadt gibt. Ein Beweis dafür, wie gut ein funktionierender ÖPNV sowie unbezahlbarer Parkraum fürs Stadtklima sind. Wer ein Kö-Feeling haben möchte, sollte mit der U-Bahn nach Ginza fahren. Das Viertel wurde 1872 nach einem Brand im westlichen Stil mit Steinhäusern und Straßenlaternen errichtet. Internationale Designer und Luxusmarken haben hier ihre Flagstores. Beliebt bei Einheimischen und Touristen sind der Ueno-Park mit Tempeln, Pagode und Museen sowie die Passage Ameyayokocho mit Hunderten von Händlern. Einen Eindruck, wie Tokio in der Vormoderne ausgesehen haben mag, bietet das Stadtviertel Asakusa. Eine Straße voller Souvenirläden führt zum Haupttempel Asakusa-Kannon und zur fünfstöckigen Pagode, die zu Japans Nationalschätzen zählt. Ein abendlicher Spaziergang über das südliche Fußgängergate der Rainbowbridge wird mit einem Blick auf die Tokioter Bucht mit Riesenrad und anschließendem Sonnenuntergang am Strand von Odaiba belohnt.

Ausflug in die Geschichte: Nara und Kyoto 

Bei einem Japanbesuch dürfen die alten Kaisermetropolen Nara und Kyoto im Westen Japans mit ihren Schreinen und Tempeln nicht fehlen.
In der Nara-Epoche (710-794) forcierten buddhistische Priester die Verschmelzung des Buddhismus mit dem Shintō, der mit der Verehrung der Natur, dem Ahnenkult und der Mythologie zur grundlegenden Werteorientierung des japanischen Volkes zählt. 1945 wurde auf Druck der Besatzungsmächte der Staats-Shintō verboten und Staat und Religion voneinander getrennt. Fast alle Japaner sehen sich heute als Shintoisten und 90 Millionen auch als Buddhisten. Bei Hochzeiten und Geburten holen sie sich in den Schreinen den shintoistischen Segen, aber lassen sich nach buddhistischem Feuerbrauch bestatten.

Großer Buddha in KamakuraHighlights in Nara: der Schrein Kagusa Taisha mit seinen 3.000 Stein- und Bronzelampen und freilaufenden Rehen sowie der Große Buddha in der Tempelanlage Todai-Ji, der im Jahr 752 eingeweiht wurde. Für den Guss des über 16 Meter großen Kolosses wurden 437 Tonnen Bronze, 130 Kilogramm Gold und sieben Tonnen Wachs verwendet. 
In Kyoto gibt es 13 buddhistische Tempel, drei shintoistische Schreine, die Shogun-Burg, den alten Kaiserpalast und die Nijo-Burg sowie den etwas außerhalb liegenden Fushimi-Inari-Schrein. Durch rund 10.000 rote Torii geht es hinauf zum Gipfel des Inari-Bergs.

Kerama Islands 

Touristisch kaum erschlossen sind die Kerama Islands, die man mit der Fähre von Naha, der Hauptstadt Okinawas, in knapp zwei Stunden erreicht. Wer auf Zamami oder Aka Island Luxus sucht ist allerdings fehl am Platz. Dafür gibt es Südseefeeling und Traumstrände zum Schnorcheln und Tauchen. Der Ama Beach auf Zamami ist bekannt für seine Schildkröten, und am Nishibama Beach auf Aka kann man neben großen und kleinen Fischen auch Wasserschlangen sichten. Für Aktivurlauber gibt es geführte Kajaktouren auf das unbewohnte Gahi Island. Bei den Unterkünften hat man die Wahl zwischen Western und Japanese Style, also zwischen Bett und Stuhl oder Futon und Sitzkissen. In Anbetracht der hohen Luftfeuchtigkeit hat die traditionelle Variante durchaus ihre Vorteile. Ein Tipp für Naturfreunde: Von Januar bis März herrscht Hochbetrieb im Meer um Okinawa, denn dann zeigen sich Buckelwale vor der Küste Zamamis.


Japaner im Rheinland 

Aktuell verzeichnet Düsseldorf zwischen 70.000 bis 80.000 Übernachtungen von japanischen Touristen. Da ist noch Luft nach oben für Japans Hauptstadt am Rhein, deren japanische Community immerhin die drittgrößte in Europa ist. Zu einer Intensivierung der deutsch-japanischen Beziehungen und wechselseitigen Besuchen kann es aber auch auf Umwegen kommen: Zwei japanische Studentinnen verewigten sich bei einer Studienreise im Jahr 2016 mit Namen, Datum und Universität auf einem Stein im Turm des Kölner Doms und posteten das auf Facebook. Das sorgte für erheblichen Aufruhr an der japanischen Universität. Einen Tag später flog eine japanische Delegation samt ihrem Professor nach Köln. Man entschuldigte sich in aller Form und lud den Dombaumeister und seine Truppe nach Tokio zu einem Event und einem Konzert ein. Am Ende des fünftägigen Besuchs überreichte man einen Scheck über 10.000 Euro für einen Wasserspeier. 

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