12. November 2017In 2017/4

viva artE viva – es lebe die Kunst, sie lebe!

Zum Motto der diesjährigen Venedig-Biennale


von Konstanze Petersmann

„Denken ist interessanter als Wissen, aber nicht als anschauen“

Dieses Goethe-Zitat fiel uns beim Betreten des Museums Fortuny im versteckt liegenden Palazzo Orfei am Campo San Benedetto sofort auf. Endlich wieder in Venedig! Die Düsseldorfer Künstlerin Cordula Steinhoff – sie brachte zwei tusche-arbeiten auf Papier zum Thema „Der Schrei der Erde. Verborgene Wahrheiten“ schon für die 2. Triennale di Venezia 2018 mit – und ich, Poetin und Autorin, waren zur 57. Biennale und zum Konzert des Pianisten Bruno Canino und der Flötistin Luisa Sello in den Palazzo Albrizzi von der Präsidentin der Associazione Culturale Italo-Tedesca (acIt) / Goethe Institut, Prof. Nevia Pizzul Capello, eingeladen worden.

Der erste Tag gehörte der Galleria dell‘ Accademia, die zu den bedeutendsten der Welt zählt. Mit über 100 Werken wurde eine Ausstellung italienischer Maler/Bildhauer präsentiert, wie Antonio Canova, Francesco Hayez, Leopoldo Cicognara und nicht nur an die Geschichte Venedigs, sondern auch an das kulturelle Erwachen der Stadt erinnert.

Die 57. Biennale 2017 in der Lagunenstadt Venedig war ein Brückenschlag über Länder, Kulturen und Zeiten hinweg. Im historischen Palazzo Albrizzi, Cannaregio 4118, dem Sitz der veranstaltenden Kulturinstitute Venedigs, kuratiert Prof. Nevia Pizzul Capello seit über 30 Jahren die Ausstellungen und pflegt Kontakte mit vielen Ländern bis China und Taiwan. Dieses Jahr war die Kunst Guatemalas mit dem Titel „Grazie Italia“ im Palazzo Albrizzi aktuell. 

Zeitgleich zu den Kunstbiennalen fanden in den letzten Jahren besondere Kunstausstellungen im Museum Fortuny statt. In diesem Jahr kuratierte die Direktorin Daniela Ferretti und der Kunsthändler Axel Vervoordt aus Antwerpen die letzte Ausstellung zu dem Thema „Intuition“. Intuitionen sind Ahnungen, Instinkte und die Intelligenz des Unbewussten wie unsere Träume, die eine kreative Leistung sind. Die Hirnforscherin, Susan Etlinger aus Kalifornien, die in Wien am Institut für Psychologie tätig war, lehrte schon Anfang der 1990er-Jahre in der Schule für Dichtung, Vienna Poetry School, die ich besuchte.

„Bozzolo“ (Kokon), 1998, von Salvatore Vassallo. Biennale im Palazzo Albrizzi
„Bozzolo“ (Kokon), 1998, von Salvatore Vassallo. Biennale im Palazzo Albrizzi

Den Rahmen im Palazzo Orfei dagegen bildeten eigene Werke und Kunstsammlungen des spanischen Universalkünstlers, Bildhauers, Malers und Architekten Mariano Fortuny y Madrazo, der um die Jahr- hundertwende in Venedig wirkte. Im tiefen Erdgeschoss des Palazzo bildeten neolithische sandstein-Menhire einen Dialog zum Bild von Jean-Michel Basquiat. Die „Schwarze Sonne“ von Otto Piene und ein endlos scheinender Lichttunnel (White-Dark VIII) von Anish Kapoor ergaben ebenfalls ein Ensemble. Automatisches schreiben und Zeichnen der Surrealisten wollte unbewusste Wahrheiten oder Traumwelten offenbaren. Werke der Düsseldorfer Größen Josef Beuys, Günther Uecker, Gerhard Richter und Gotthard Graubner bildeten einen herausragenden Schwerpunkt. Mariana Ambramovic, El Anatsui und weitere Künstler versetzten die oberen Räume in atmosphärische Schwingungen – eine der wichtigsten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst! 

Hauptschauplatz waren die Giardini im Stadtteil Castello, wo sich diverse Länder in den Pavillons präsentierten, im Arsenale gab es eine Themenausstellung. Den für mich vielsagenden Pavillon der Zeit und Unendlichkeit konnten wir leider nicht mehr besuchen. Die Biennale war überwältigend und hat in der einzigartig traumhaften Atmosphäre Venedigs einen bleibenden Eindruck hinterlassen.


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