3. Mai 2016In 2016/2

„Ich möchte meine Geschichte akkurat erzählen“

Interview mit dem Schauspieler Bernhard Bettelmann


von Dr. Susan Tuchel

Sie wurden als Deutscher in Paris geboren. Was hat es damit auf sich?

Mein Vater schrieb seine Doktorarbeit über Vakuumtechnik an der Sorbonne, eine Art Stipendium. Meine Mutter, damals noch Studentin ohne festen Berufswunsch, begleitete ihn und wollte wohl testen, ob die Beziehung zu diesem noch neuen Mann in ihrem Leben eine Zukunft hat. Gar nicht so viel später erblickte ich dann das Licht der Welt in der französischen Metropole. Mein jüngerer Bruder, der knapp drei Jahre später in Ludwigshafen geboren wurde, ist übrigens bis heute etwas neidisch auf meinen Geburtsort. Insgesamt blieben wir aber nur ein gutes Jahr zu dritt in Paris. Aufgewachsen bin ich ab meinem fünften Lebensjahr in Köln.

Ihre Mutter wurde Oberstudienrätin, Ihr Vater war Physiker. Wie kamen Sie auf die Idee, Schauspieler zu werden?

Eigentlich wollte ich Therapeut werden, weil mich der Sozialkundeunterricht meiner Lehrerin als junger Schüler so faszinierte. Aber dann spielte ich auf dem Gymnasium in der Schauspielgruppe voller Spaß in einem Stück von Jean Anouilh mit. Und als mir dann noch eine Schulfreundin, die Tochter einer Regieassistentin, eine Schnupperwoche im Kölner Schauspielhaus ermöglichte, waren die Würfel gefallen. Ich verliebte mich in diese Arbeitswelt, das Leben auf und hinter der Bühne, in die Theatermenschen. Da war ich 16.

Sie haben bis auf vier Jahre, die Sie mit Ihrer Frau und ihren beiden Söhnen in Berlin und Köln verbrachten, immer in Zürich gelebt. Wo sind Sie denn René Heinersdorff begegnet?

Wir haben uns 1992 auf der Insel Kos bei den Dreharbeiten zu der deutschen Familienserie „Happy Holiday“ kennengelernt. René hatte darin eine Episodenrolle und wenn man in einem Robinsonclub 14 Tage und Nächte miteinander verbringt, kennt man sich am Ende doch schon ganz gut.

Düsseldorfkenner sind Sie auch?

Ja, als Jugendlicher habe ich meinen Vater regelmäßig besucht, der mit seiner zweiten Frau nach Düsseldorf gezogen war. 2004 hatte ich dann ein Engagement für das Musical „Das Mädchen Rosemarie“ im Capitol-Theater. An Düsseldorf beeindruckt mich, wieviel hier für die interessierten Bürger getan wird, was das Freizeit-, Sport- und Kulturangebot angeht. Ich finde es beispielsweise richtig und wichtig, dass Studenten für sechs Euro ins Theater an der Kö können – das ist fair, das ist unter Kinopreis!

Haben Sie Lieblingsplätze in der Stadt?

Ja, sogar einige. Ich bin begeisterter Inliner und fahre nach der Vorstellung durch die Nacht in mein Domizil nach Unterbilk. Auch die Strecke zwischen Fernsehturm und Fleher Brücke ist ideal zum Inlinern. Außerdem mag ich die Rheinwiesen bei Golzheim, den Grafenberger Wald, wie ich überhaupt eher ein Outdoor-Mensch bin, was vielleicht an den vielen Proben in geschlossenen Räumen liegt. Und dann gibt es noch einen ganz wichtigen Spezialisten hier für mich, den Automobiltechniker und Oldtimerspezialisten Roland Heidl in Lierenfeld, der mit viel Leidenschaft meinen alten Porsche gerade wieder ans Laufen bringt. Dieser Mann ist für Oldtimerfans, von denen es hier ja eine ganze Menge gibt, ein echter Geheimtipp.

Wenn man Ihnen die berühmte Pistole an die Brust setzte, wofür würden Sie sich entscheiden, Bühne oder Film?

Dann würde ich mich für die Bühne entscheiden, weil ich da mehr kreative Freiheit habe. Gerade Boulevard-Theater zu spielen, ist eine neue, ungeahnt künstlerische Herausforderung. Eine Gratwanderung, dem Publikum nicht zu nahe zu kommen, also nicht ins Private abzugleiten. Andererseits war keine meiner über 40 Theaterpremieren so angstfrei wie die in Düsseldorf im April. Es fühlte sich alles ganz leicht und beschwingt an, Menschen zum Schmunzeln und Lachen zu bringen. Und wenn man genau hingehört hat, haben die Zuschauer auch gemerkt, was an dem Stück tiefergehend gemeint ist und wo womöglich auch in den eigenen vier Wänden nicht immer alles zum Besten bestellt sein könnte. Jeder Abend auf der Bühne ist anders, fordernd. Ich möchte unsere Geschichte immer akkurat erzählen, aber es läuft nicht jeden Abend gleich. Das ist und bleibt an diesem Beruf kreativ und spannend.

Sprechen Sie dann mit Ihren Schauspielkollegen Mathias Hermann und Jochen Horst darüber?

Das ist nicht ganz leicht, Manöverkritik nach einem solchen Abend zu üben, sich über das gerade Erlebte auszutauschen. Aber es ist schon interessant zu sehen, dass unser Stück ernsthafter aufgenommen wird, wenn weniger Leute im Publikum sitzen. Lachen kann eben ansteckend sein.

Privat sind Sie immer noch im siebten Himmel?

Das ist mit Mimi Fiedler auch nicht schwer. Und ja, über ein Baby würde auch ich mich definitiv freuen. Das dazu.


Kurzvita

Bernhard BettelmannSeine Schauspielausbildung absolvierte Bernhard Bettermann an der Schauspielakademie in Zürich. Bereits als Student wurde er von Regisseur Robert Wilson für das Thalia Theater in Hamburg entdeckt. Es folgten Engagements in München, Bonn und an mehreren Theatern in Zürich. Seine erste Kinorolle bekam Bettermann 1989 in dem Krimidrama „All out“. Seitdem spielte er in zahlreichen Spielfilmen und Fernsehproduktionen im deutschen und Schweizer Fernsehen, unter anderem in „Tatort“, „Stubbe: Von Fall zu Fall“, „Siska“ und „Edel und Starck“. 2002 wurde er als bester Schauspieler für die Rolle des Oberstleutnants Clemens Forell in dem Kinofilm „So weit die Füße tragen“ beim Filmfestival in Mailand ausgezeichnet. Seit 2006 hängen vor allem die weiblichen Zuschauer an seinen Lippen, wenn er als Dr. Martin Stein in der ARD-Fernsehserie „In aller Freundschaft“ als Leitender Oberarzt der Chirurgie in der Sachsenklinik agiert. Bis Mai stand Bettermann sieben Wochen in der französischen Komödie „Unsere Frauen“ auf der Bühne im Theater an der Kö.


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