16. November 2015In 2015/4

„Ich bin glücksbegabt und Mode ist die Leidenschaft meines Lebens“

Interview mit Uta Raasch, Modedesignerin


von Dr. Susan Tuchel

Mit 66 Jahren fängt Udo Jürgens zufolge das Leben erst an. Genau in diesem Alter haben Sie Ihre Marke UTA RAASCH verkauft. Und jetzt gehen Sie – etwas überraschend −  im nächsten Jahr mit einer neuen Kollektion auf den Markt?

Dass ich die Marke UTA RAASCH verkauft habe, heißt ja nicht, dass ich mit dem Arbeiten aufgehört habe. Das würde auch überhaupt nicht meinem Naturell entsprechen. Aber ich hatte auch keine direkte Nachfolge. Meine Tochter Nicola ist Tierärztin, mein Sohn Florian Kameramann. Das Label  UTA RAASCH Couture habe ich behalten. Ich habe einen Showroom in Oberkassel und vier Angestellte im Couture-Atelier. Die Haute Couture ist für jeden Modedesigner die Kür und ich bin sehr stolz, dass meine Modelle von Prominenz getragen werden. Den Kontakt zu QVC habe ich über meinen Freund Thomas Rath erhalten, der seine exklusive Kollektion THOM by Thomas Rath bereits mit großem Erfolg bei QVC präsentiert.

Was reizt Sie Ihre Kollektion „Strandfein“ per Teleshopping bei QVC vorzustellen?

Als Designerin gehe ich gerne neue Wege und der Distanzhandel ist ein wachsender Markt, der mich schon immer fasziniert hat. Mich hat das junge Team, die hohe Professionalität, aber auch die Unternehmensphilosophie überzeugt. Mit den Werten des Handelsunternehmens Q = Quality, V = Value und C = Convenience kann ich mich zu 100 Prozent identifizieren, was für mich eine wichtige Voraussetzung war, ein exklusives Label für QVC zu kreieren. Im Übrigen hat mich dort niemand nach meinem Alter gefragt … (lacht).

Früher machte sich die Landbevölkerung stadtfein. Macht man sich heute „Strandfein“ im Großstadtgetümmel?

Für mich ist „Strandfein“ Ausdruck eines Lebensgefühls. Ich habe das Lieblingsbuch meiner Mutter „Muscheln in meiner Hand“ von Anne Morrow Lindbergh verschlungen. Darin beschreibt die Ehefrau von Charles Lindbergh, wie wichtig für ihre Seele die Zeit am Strand war. Ich habe einige Jahre auf Sylt verbracht und auch für mich gibt es nichts Schöneres, als mit nackten Füßen am Strand entlangzulaufen, die Bewegung der Wellen zu sehen, die Frische zu spüren. Dieses Lebensgefühl kann man auch in dem ausdrücken, was man trägt. Ob T-Shirts, gemütlicher Strick, aber auch Leder und Jeans, alles kommt modisch rüber und gefällt Jung und Alt. Vielleicht auch, weil die Mode einen Ticken weiblicher ist als bei anderen Labels für Casual Mode.

Apropos Label: ein S mit einem Anker und Herz findet sich auf Bändern, Knöpfen, auf Reißverschlüssen und Tüchern. Das geschwungene S steht für Strandfein, was symbolisiert der Anker?

Der Anker, ein zutiefst christliches Symbol, steht für Glaube, Liebe, Hoffnung. Mein Anker, mein Halt, war immer auch meine Familie. Mittlerweile habe ich mit meinem Lebenspartner eine richtig große Patchwork-Familie und ich liebe die Feste, zu denen alle kommen, und freue mich immer sehr auf meine vier leiblichen und fünf zugewonnenen Enkelkinder. Mein eigenes Lebensgefühl ist, dass ich glücksbegabt bin, wohl auch deshalb, weil meine eigenen Ansprüche nicht zu hoch aufgehangen sind. Ich habe alle Höhen und Tiefen der Modebranche mitgemacht, Mode ist meine Leidenschaft.

Wer sind Ihre Vorbilder?

Coco Chanel, aber auch Stars wie Audrey Hepburn oder Idole wie Twiggy und natürlich Karl Lagerfeld. Ich setze mich immer auch mit dem Zeitgeschehen auseinander, mit den Filmen und der Kunst, und natürlich habe ich auch die internationale Streetstyle-Fashion im Blick. Visuelle Neugierde und Interesse am Zeitgeschehen inspirieren mich jeden Tag aufs Neue.

Wie sehen Sie die Modestadt Düsseldorf? 

Das trifft etwas wie einen wunden Punkt in mir. Düsseldorf wirbt für sich als Stadt der Mode mit der Modemeile Kö und bringt jedes Jahr zum Teil exzellente Modedesigner hervor. Aber wie so oft, gilt der Prophet im eigenen Lande nicht. Ich weiß ganz genau, wie schwer es ist, in der Modebranche durchzustarten. Ich möchte mich deshalb gerade für Jungdesigner einsetzen. Da sind die Wirtschaft mit Sponsoring und die Wirtschaftsförderung der Stadt gefragt. Zusammen mit Dr. Vera Geisel entwickele ich gerade ein Konzept, um die kreativen Köpfe in Düsseldorf zu halten und zu unterstützen. Einfach weil ich weiß, wie schwer es ist, mit Mode Geld zu verdienen.

Wie sehen Ihre Auszeiten aus?

Wann immer es geht, gehen wir am Wochenende in die Natur und marschieren mit unseren beiden Jack Russel-Terriern durch den Wald. Und Urlaube am Meer gehören auch für mich dazu, um wieder „Strandfein“ zu werden.


Kurzvita

Uta RaaschUta Raasch (geb. Bays) besuchte eine Klosterschule in Essen und lernte bei den Nonnen neben Französisch, Englisch und Latein erste Nadelarbeiten. Ihr Vater bestand auf einer ordentlichen Ausbildung und so absolvierte sie eine Banklehre statt Kunst zu studieren. Ein Sprachenstudium in Englisch und Französisch folgte. 1972 schnupperte sie erstmals Messeluft und war auf Modemessen als Übersetzerin, Kundenbetreuerin und Model tätig. Sie stieg in die Modebranche ein, entwarf Seidentücher, arbeitete als Designerin für deutsche und italienische Modehäuser. Die internationale Welt der Mode stand ihr offen, nachdem Helmut Newton ihre erste Modekollektion 1979 vor dem Brandenburger Tor für die Erstausgabe der deutschen Vogue fotografiert hatte. Als Designerin arbeitete sie u. a. für Umberto Ginocchietti und Malgari, beriet das Unternehmen Basler und eröffnete eigene Stores in Düsseldorf, Hamburg und auf Sylt. Im Februar 2016 startet sie mit der neuen Kollektion „Strandfein“ bei QVC.


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