„Ich freue mich, dass mein Berufsbild so vielfältig ist“
Interview mit Ingo Nommsen – schreibender Journalist, Fernseh-Macher, Entertainer und Moderator
von Pina Coluccia
Der gebürtige Nürnberger ist seit 2000 der erfolgreichste Frühstücker Deutschlands („Volle Kanne“, ZDF). Auch bei vielen Shows lässt das Zweite den 1.93 Meter großen Bayern ran (unter anderem „Kult am Sonntag“, „ZDF Fernsehgarten“). Seine Karriere beginnt er als Schauspieler, Musiker und Radiomoderator. Zuletzt beim Kultprogramm des Bayerischen Rundfunks BAYERN 3. Dem studierten Diplom-Journalisten gelingt vor der Kamera der Spagat zwischen ernsthaften Gesprächen und lockerem Entertainment. Er begegnet selbst internationalen Stars auf Augenhöhe. Auch viele hochkarätige Events vertrauen heute auf ihn als Moderator (beispielsweise. der Bundespresseball, der Live Entertainment Award LEA oder der Kulturpreis Bayern). Außerdem steht er immer wieder auch mit Stars wie „The Boss Hoss“ oder „The Baseballs“ auf der Bühne. |
Wir kennen uns über meinen Mann Jean Pütz. Du hast ihm schon in der ZDF-Sendung „Volle Kanne“ auf den Zahn gefühlt und er ist beeindruckt von Dir. Das DJournal hat auch viele junge Leser, die gerne wissen möchten: Wie schafft man es, ein so bekannter und glaubwürdiger Journalist zu werden, wie Du einer bist?
Ich hatte als Kind immer Fernsehverbot. Dass ich jetzt im Fernsehen bin ist nur die Rache an meinen Eltern. Im Ernst: Nach der Sendung ist vor der Sendung, da musst Du Dir vieles jeden Tag von Neuem erarbeiten. Es hilft mir schon, dass mit den Jahren einiges an Erfahrung zusammen kommt: ob es das Schauspiel ist, das Volontariat beim Radio, die Arbeit für Zeitungen oder das Studium. Irgendwie passt das heute perfekt zusammen.
Aber dann musst Du all das Rüstzeug vor der Kamera doch wieder vergessen und entspannt mit Themen und Gästen umgehen. Eine eigene Meinung und der Mut auch zu unbequemen Fragen helfen da sehr. Livefernsehen ist auch Risiko, das Du gehen musst. Eine gute Truppe, die bei einer Sendung mithilft, ist super wichtig. Bei „Volle Kanne“ läuft das wie ein gut geölter Motor, den wir ständig weiter tunen.
Was die Bekanntheit angeht, auch da hilft Kontinuität. Allein für das ZDF habe ich hunderte von „Hallo Deutschland“-Ausgaben, über 1.700 „Volle Kanne“-Sendungen und rund 40 erfolgreiche Fernsehshows wie „Kult am Sonntag“ oder den „ZDF Fernsehgarten“ auf der Uhr. Heute sagen oft Menschen auf der Straße „Hallo“ und freuen sich. Das ist schön. Je mehr Menschen meine Arbeit mit Spaß sehen – umso besser. Sonst könnte ich ja auch alleine zu Hause moderieren.
Was bist Du lieber: schreibender Journalist, Fernseh-Macher oder Entertainer und Moderator?
Ich freue mich vor allem, dass mein Berufsbild so vielfältig ist. Allerdings macht mir die Arbeit als Showmaster neben „Volle Kanne“ schon am meisten Spaß. Wenn ich – wie beim Fernsehgarten – vor über 6.000 Menschen drei Stunden mit Lust und Laune Entertainment machen darf, ist das einfach ein super Gefühl. Genau das genieße ich auch bei den Events und Award-Verleihungen, die ich moderiere. Da kommt eine unglaubliche Energie vom Publikum zurück.
Als Fernseh-Moderator muss man die Menschen ja befragen, man muss sich in ihre Vorlieben reindenken, aber trotzdem ein Gesprächsziel verfolgen. Wie macht man das und wie bändigt man überaktive Gesprächspartner?
Ich muss in den Livesendungen sowieso oft spontan auf das reagieren, was passiert. Überaktive Gesprächspartner sind mir da die Liebsten. Je mehr einer erzählt – umso besser. Klar, einige musst Du dann auch vor sich selbst schützen. Die reden sich um Kopf und Kragen.
Die Gesprächsziele sind dabei so verschieden wie die Gäste. Das geht vom launigen Small-Talk, der – finde ich – vor der Kamera auch eine Herausforderung ist, bis hin zum intensiven Gespräch, das richtig tief gehen kann – und mich dann auch als Moderator mitnimmt. Wenn ein junger Soldat mir vom Krieg in Afghanistan erzählt oder Überlebende eines Flugzeugabsturzes ihre Erinnerungen schildern, beschreiben, wie das ihr Leben verändert hat, geht das nicht spurlos an Dir vorbei.
Was mich besonders freut, ist, dass immer mehr internationale Stars zu „Volle Kanne“ kommen, wie Status Quo oder Kim Wilde. In die war ich als Kind sehr verliebt. Doch, wie sie mir sagte, sie wusste von nichts.
Ein häufig gehörter Kritikpunkt ist auch „die reden zu schnell“. Da besonders „Volle Kanne“ vermutlich viele ältere Zuschauer hat, wäre das doch ein wichtiger, zu berücksichtigender Service.
Das Schöne: Unser Programm nutzen junge wie jung gebliebene ältere Zuschauer gern. In der letzten Umfrage waren wir gerade bei den interessanten Zielgruppen – wie den aktiv familienorientierten – weit über dem Senderschnitt. Mir ist wichtig, dass unsere Frühstücks-Show Tempo hat. Und ich will nicht beim Sprechen einschlafen. Dazu sollen natürlich alle mitbekommen, was gesagt wird. Bei unseren Zuschauern gelingt das glücklicherweise sehr gut.
Ist es schon einmal vorgekommen, dass dir jemand sehr unsympathisch war? Welchen Einfluss hat das auf ein Gespräch?
Ich nehme die Gäste wie sie kommen. Und die meisten kommen gern zu mir. Die wissen ja, dass sie dann gesehen werden und wollen gut rüberkommen. Außerdem schauen viele Stars und Promis selbst gerne von zu Hause aus zu, weil ja ihre Kollegen bei mir sitzen. Deshalb fühlt sich der größte Teil der Gäste sowieso an unserem Frühstückstisch fast wie zu Hause. Das ist in der Regel eine sehr entspannte Atmosphäre. Und gerade die Gäste, von denen Du vorher von allen Seiten hörst, das seien sogenannte „Problemgäste“, erweisen sich oft als die lockersten Gesprächspartner.
Wenn mir allerdings einer wirklich mal dumm kommt, dann komme ich auch dumm zurück. Das ist dann eine Herausforderung, die ich gern annehme.
Wo fühlst Du Dich zu Hause, ist Düsseldorf zu Deiner zweiten Heimat geworden?
Das Rheinland hat mich – den Bayern – sehr gut aufgenommen. Hat ja auch viel Ähnlichkeit mit meiner Wahlheimat München: Interessante angenehme Menschen – und Wasser. Was in München die Isar ist hier der Rhein. Auch wenn ich mein Traumhaus hier in der Düsseldorfer Ecke noch immer suche. Meine zweite Heimat ist es längst. Ich bin gern hier. Weil hier nun mal mein aktueller Arbeitsmittelpunkt ist und weil ich hier wunderbare Freunde gefunden habe.
Was hältst Du von der rheinischen Fröhlichkeit? Man könnte das auch Humor nennen. Bremst oder fördert Dich das in Deiner Arbeit?
Wie könnte einen Fröhlichkeit bremsen? Ich liebe diese positive Grundhaltung – da geht vieles leichter von der Hand. Privat wie im Job. Nur beim Karneval bin ich noch dabei, mich zurecht zu finden. Das ist hier ja doch eine ernstere Angelegenheit, als ich erwartet hätte. Fest steht: Feiern können die Düsseldorfer ganz ordentlich. Und zwar das ganze Jahr über!
Was hast Du für Pläne für die Zukunft? Einen Wunsch hast Du frei, zum Beispiel „Wetten dass …“ moderieren oder „Dschungelcamp“?
Beide Sendungen sind für einen Moderator super spannend. Beide haben die perfekten Zutaten für einen klasse Fernsehabend. Wobei es natürlich unterschiedliche Gerichte sind und Du bei Wetten dass…? sicher eher den Showmaster rauslassen kannst. Das ist die Show mit der ich – wie Millionen andere – groß geworden bin. Später habe ich sogar meine Diplomarbeit an der Münchner Uni darüber geschrieben. Schade, dass viele heute das Ende der Sendung gekommen sehen. Die Idee ist nach wie vor stark. Und ich glaube, das da weiter Potential drin steckt.
Mein nächstes persönliches Ziel ist, mich nach all den guten Erfahrungen auch dauerhaft im Showbereich zu etablieren. Das macht mir Spaß, das funktioniert – jetzt braucht es nur noch die passenden Konzepte. An einigen arbeiten wir gerade. Wichtig ist mir dabei ein guter Mix aus Stars, Spaß und gutem Entertainment.
Ansonsten warten in 2014 noch ein paar große Galas. Ich schreibe an einem eigenen Liveprogramm und setze auch andere Ideen außerhalb des Fernsehens um. Denn Fernsehen ist zum Glück nicht alles im Leben.
Kurzvita
Ingo Nommsen wurde 1971 in Nürnberg geboren. 2000 schloss er sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München als Diplom-Journalist ab. Seit 1994 Radio-, Fernseh- und Veranstaltungsmoderator. 1997 übernahm er Gastrollen in diversen Film- und Fernsehproduktionen, z.B. in „Marienhof“. Seit 2001 präsentiert er die ZDF-Morgensendung „Volle Kanne“.